12.11.2015

Quanten, die Fehler verzeihen

Robuste Quanten-Schalter liefern richtige Ergebnisse auch bei fehlerbehafteten Anfangsbedingungen.

Quantenphysikalische Systeme, deren Zustand gezielt umgeschaltet werden kann, benötigt man in unter­­schiedlichen Bereichen. Man kann sie etwa verwenden, um extrem präzise Mess­geräte zu bauen, und auch an Konzepten für Quanten­computer wird geforscht. Ein besonders interessantes Quanten­system sind Stick­stoff­atome, die in einem winzigen Diamanten eingebaut sind. Gemessen an der Zeit, die man benötigt, um sie zu mani­pulieren, bleibt ihr Zustand relativ lange stabil, daher eignen sie sich gut als Speicher für Quanten­information. Mit Mikro­wellen kann man die Stick­stoff­atome recht einfach zwischen zwei verschiedenen Quanten­zuständen unter­schiedlicher Spin­richtung hin und her schalten.

Abb.: Im Labor am Atominstitut der TU Wien werden die Quantenzustände von Stickstoffatomen mit Mikrowellen manipuliert. (Bild: TU Wien)

Wenn man wirklich sicher sein will, das Atom in den richtigen Zustand gebracht zu haben, muss man genau wissen, welchen Mikro­wellen­puls man braucht. „Die einfachste Variante ist, die Atome für eine bestimmte Zeit mit konstanter Mikro­wellen­strahlung zu beleuchten“, erklärt Tobias Nöbauer von der TU Wien. Die genau richtige Zeit­spanne für die Mikro­wellen-Bestrahlung zu erwischen, ist allerdings schwierig. „Ob man am Ende tatsächlich genau den richtigen Quanten­zustand erreicht, hängt von vielen Faktoren ab“, so Nöbauer, „von der genauen Frequenz der Mikro­wellen­strahlung, von mikroskopischen Details der Probe und störenden Feldern von außen.“ Man kann es niemals schaffen, über all diese Fehler­quellen perfekt Bescheid zu wissen – für die Praxis­taug­lichkeit von Quanten­technologien ist das ein großes Problem.

Mithilfe von Computersimulationen berechneten Nöbauer und seine Kollegen von der TU Wien, der Uni Freiburg und dem Imperial College London, wie man verschiedene Mikro­wellen­frequenzen optimal über­lagern kann, sodass sie zu einem Umschalt­prozess des Stick­stoff­atoms führen, selbst wenn bestimmte äußere Parameter etwas anders sind als gedacht. „Der Quanten­zustand tritt dann eine etwas kompli­ziertere Reise durch den Raum der möglichen Zustände an. Auch wenn er anfangs ein bisschen anders ausge­sehen hat als gedacht, kommt er am Ende mit großer Sicher­heit dort an, wo wir das wollen“, sagt Nöbauer. Im Experiment an der TU Wien konnte das Team zeigen, dass der computer­optimierte Puls die Erfolgs­wahr­schein­lich­keit tatsäch­lich drastisch erhöht. So führt etwa ein opti­mierter Puls selbst dann noch sehr genau zum korrekten Ziel, wenn er mit einer doppelt über­höhten Leistung oder um eine halbe Oktave verstimmten Frequenz abge­spielt wird.

Durch den optimierten Umschaltprozess kann man nun die Quanten­eigen­schaften der Stick­stoff­atome in den Diamant­partikeln viel besser nutzen. „Im Labor, in einem völlig kontrollierten Versuchs­aufbau, kann man es schaffen, den Mikro­wellen­puls exakt richtig einzu­stellen. Aber um diese Systeme techno­logisch in der Praxis anwenden zu können, ist Robust­heit ganz entscheidend“, sagt Tobias Nöbauer. „Hoch­präzise Quanten-Sensoren will man auch in kompli­zierten Umgebungen einsetzen können, zum Beispiel in einer biologischen Probe, die man nie exakt berechnen kann.“ Außerdem möchte man für viele Anwendungen, beispiels­weise auch für hypo­thetische Quantencomputer, viele solche Quanten­systeme miteinander verschalten. Dies Skalier­barkeit kann man nur erreichen, wenn man alle Fehler­quellen minimiert. Die optimale Kontrolle könnte die Stick­stoff­atome im Diamant daher zu einem noch heißeren Kandidaten für künftige quanten­techno­logische Anwendungen machen.

TUW / RK

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