Quanten, die Fehler verzeihen
Robuste Quanten-Schalter liefern richtige Ergebnisse auch bei fehlerbehafteten Anfangsbedingungen.
Quantenphysikalische Systeme, deren Zustand gezielt umgeschaltet werden kann, benötigt man in unterschiedlichen Bereichen. Man kann sie etwa verwenden, um extrem präzise Messgeräte zu bauen, und auch an Konzepten für Quantencomputer wird geforscht. Ein besonders interessantes Quantensystem sind Stickstoffatome, die in einem winzigen Diamanten eingebaut sind. Gemessen an der Zeit, die man benötigt, um sie zu manipulieren, bleibt ihr Zustand relativ lange stabil, daher eignen sie sich gut als Speicher für Quanteninformation. Mit Mikrowellen kann man die Stickstoffatome recht einfach zwischen zwei verschiedenen Quantenzuständen unterschiedlicher Spinrichtung hin und her schalten.
Abb.: Im Labor am Atominstitut der TU Wien werden die Quantenzustände von Stickstoffatomen mit Mikrowellen manipuliert. (Bild: TU Wien)
Wenn man wirklich sicher sein will, das Atom in den richtigen Zustand gebracht zu haben, muss man genau wissen, welchen Mikrowellenpuls man braucht. „Die einfachste Variante ist, die Atome für eine bestimmte Zeit mit konstanter Mikrowellenstrahlung zu beleuchten“, erklärt Tobias Nöbauer von der TU Wien. Die genau richtige Zeitspanne für die Mikrowellen-Bestrahlung zu erwischen, ist allerdings schwierig. „Ob man am Ende tatsächlich genau den richtigen Quantenzustand erreicht, hängt von vielen Faktoren ab“, so Nöbauer, „von der genauen Frequenz der Mikrowellenstrahlung, von mikroskopischen Details der Probe und störenden Feldern von außen.“ Man kann es niemals schaffen, über all diese Fehlerquellen perfekt Bescheid zu wissen – für die Praxistauglichkeit von Quantentechnologien ist das ein großes Problem.
Mithilfe von Computersimulationen berechneten Nöbauer und seine Kollegen von der TU Wien, der Uni Freiburg und dem Imperial College London, wie man verschiedene Mikrowellenfrequenzen optimal überlagern kann, sodass sie zu einem Umschaltprozess des Stickstoffatoms führen, selbst wenn bestimmte äußere Parameter etwas anders sind als gedacht. „Der Quantenzustand tritt dann eine etwas kompliziertere Reise durch den Raum der möglichen Zustände an. Auch wenn er anfangs ein bisschen anders ausgesehen hat als gedacht, kommt er am Ende mit großer Sicherheit dort an, wo wir das wollen“, sagt Nöbauer. Im Experiment an der TU Wien konnte das Team zeigen, dass der computeroptimierte Puls die Erfolgswahrscheinlichkeit tatsächlich drastisch erhöht. So führt etwa ein optimierter Puls selbst dann noch sehr genau zum korrekten Ziel, wenn er mit einer doppelt überhöhten Leistung oder um eine halbe Oktave verstimmten Frequenz abgespielt wird.
Durch den optimierten Umschaltprozess kann man nun die Quanteneigenschaften der Stickstoffatome in den Diamantpartikeln viel besser nutzen. „Im Labor, in einem völlig kontrollierten Versuchsaufbau, kann man es schaffen, den Mikrowellenpuls exakt richtig einzustellen. Aber um diese Systeme technologisch in der Praxis anwenden zu können, ist Robustheit ganz entscheidend“, sagt Tobias Nöbauer. „Hochpräzise Quanten-Sensoren will man auch in komplizierten Umgebungen einsetzen können, zum Beispiel in einer biologischen Probe, die man nie exakt berechnen kann.“ Außerdem möchte man für viele Anwendungen, beispielsweise auch für hypothetische Quantencomputer, viele solche Quantensysteme miteinander verschalten. Dies Skalierbarkeit kann man nur erreichen, wenn man alle Fehlerquellen minimiert. Die optimale Kontrolle könnte die Stickstoffatome im Diamant daher zu einem noch heißeren Kandidaten für künftige quantentechnologische Anwendungen machen.
TUW / RK