14.08.2017

Quantenmechanik mit massiven Teilchen getestet

Komplexe organische Moleküle zeigen keine Viel­pfad­inter­ferenz.

Quantenmechanische Teilchen können sich wie Wellen verhalten und mehrere Wege gleich­zeitig nehmen, um an ihr Ziel zu gelangen. Dieses Prinzip basiert auf Borns Regel, einem Grund­pfeiler der Quanten­mechanik. Eine mögliche Abwei­chung hätte weit­reichende Folgen und könnte ein Indi­kator für neue Phäno­mene in der Physik sein. Wissen­schaftler der Unis Wien und Tel Aviv haben jetzt diese Regel explizit mit Materie­wellen über­prüft, indem sie massive Teil­chen an einer Kombi­nation aus Einzel-, Doppel- und Drei­fach­spalten inter­fe­rierten. Die Analyse bestätigt den Forma­lismus der etab­lierten Quanten­mechanik.

Abb.: Durch den Vergleich der Interferenzbilder hinter einer Kombi­nation von Schlitzen war es möglich, die Quanten­mechanik mit massiven Teil­chen zu testen. (Bild: U. Wien)

Die Quantenmechanik beschreibt sehr erfolgreich das Verhalten von Partikeln auf den klein­sten Masse- und Längen­skalen. Die offen­sicht­liche Unver­ein­bar­keit dieser Regeln mit unserer all­täg­lichen Erfah­rung moti­viert Forscher seit langem zu einer Suche nach mini­malen Ände­rungen der Quanten­mechanik, die es erlauben den Über­gang von der Quanten­welt in die klas­sische zu beschreiben. Ein mög­licher Indi­kator für solch einen Über­gang ist Viel­pfad­inter­ferenz. In der Standard­quanten­mechanik kann man jedes Inter­ferenz­muster über die Kombi­nation aller mög­lichen Pfad­paare nach­bilden, unab­hängig davon, wie viele Pfade die Welle tat­säch­lich nutzt. Jedes ver­blei­bende Muster wäre die Folge von Viel­pfad­inter­ferenz und könnte auf neue physi­ka­lische Phäno­mene hin­weisen.

Während bisherige Tests mit Licht oder Mikrowellenstrahlung durch­ge­führt wurden, stellt das Experi­ment der Forscher aus Wien und Tel Aviv den ersten dezi­dierten Test mit massiven Teil­chen dar. „Die Idee ist schon seit mehr als zwanzig Jahren bekannt. Doch erst jetzt haben wir die techno­lo­gischen Mög­lich­keiten, solch ein Experi­ment mit massiven Teilchen in die Tat umzu­setzen", sagt Christian Brand von der Uni Wien.

In ihren Experimenten untersuchte das Team Welleneigen­schaften von komplexen orga­nischen Mole­külen. Um die Moleküle in einen nicht-klassi­schen Zustand zu über­führen, wurden sie von einer wenige Mikro­meter großen Quelle im Hoch­vakuum ver­dampft, wo sie sich unge­hindert aus­brei­teten. Nach einer gewissen Zeit waren die Moleküle deloka­li­siert. Sobald ein deloka­li­siertes Molekül auf ein Gitter traf, war es so, als ob es mehrere Spalte gleich­zeitig passierte. Das resul­tie­rende Inter­ferenz­muster wurde an einem Detektor auf­ge­nommen und sorgsam aus­ge­wertet. Durch den Vergleich der Beugungs­bilder von Einzel-, Doppel- und Drei­fach­spalten gelang es den Wissen­schaftlern, Höchst­grenzen für den Anteil von Viel­pfad­inter­ferenz anzu­geben.

Eine wesentliche Komponente des Experiments war die Maske – eine ultra­dünne Membran aus Kohlen­stoff, in die die ver­schie­denen Schlitze geschrieben wurden. Die Anfor­de­rungen an die Maske waren enorm. So mussten die Abwei­chungen der Schlitz­para­meter zu der Größe der Moleküle ver­gleich­bar sein, die an ihnen gebeugt wurden. An diesen Struk­turen wurden dann die Inter­ferenz­experi­mente durch­ge­führt. Insge­samt konnte ein großer Bereich an mole­ku­laren Geschwin­dig­keiten in den Experi­menten unter­sucht werden. Dabei hat sich heraus­gestellt, dass alle unter­suchten Geschwin­dig­keiten den Vor­her­sagen der Quanten­mechanik mit einer maxi­malen Unsicher­heit von einem Prozent folgten.

U. Wien / RK

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