Quantenmechanik mit massiven Teilchen getestet
Komplexe organische Moleküle zeigen keine Vielpfadinterferenz.
Quantenmechanische Teilchen können sich wie Wellen verhalten und mehrere Wege gleichzeitig nehmen, um an ihr Ziel zu gelangen. Dieses Prinzip basiert auf Borns Regel, einem Grundpfeiler der Quantenmechanik. Eine mögliche Abweichung hätte weitreichende Folgen und könnte ein Indikator für neue Phänomene in der Physik sein. Wissenschaftler der Unis Wien und Tel Aviv haben jetzt diese Regel explizit mit Materiewellen überprüft, indem sie massive Teilchen an einer Kombination aus Einzel-, Doppel- und Dreifachspalten interferierten. Die Analyse bestätigt den Formalismus der etablierten Quantenmechanik.
Abb.: Durch den Vergleich der Interferenzbilder hinter einer Kombination von Schlitzen war es möglich, die Quantenmechanik mit massiven Teilchen zu testen. (Bild: U. Wien)
Die Quantenmechanik beschreibt sehr erfolgreich das Verhalten von Partikeln auf den kleinsten Masse- und Längenskalen. Die offensichtliche Unvereinbarkeit dieser Regeln mit unserer alltäglichen Erfahrung motiviert Forscher seit langem zu einer Suche nach minimalen Änderungen der Quantenmechanik, die es erlauben den Übergang von der Quantenwelt in die klassische zu beschreiben. Ein möglicher Indikator für solch einen Übergang ist Vielpfadinterferenz. In der Standardquantenmechanik kann man jedes Interferenzmuster über die Kombination aller möglichen Pfadpaare nachbilden, unabhängig davon, wie viele Pfade die Welle tatsächlich nutzt. Jedes verbleibende Muster wäre die Folge von Vielpfadinterferenz und könnte auf neue physikalische Phänomene hinweisen.
Während bisherige Tests mit Licht oder Mikrowellenstrahlung durchgeführt wurden, stellt das Experiment der Forscher aus Wien und Tel Aviv den ersten dezidierten Test mit massiven Teilchen dar. „Die Idee ist schon seit mehr als zwanzig Jahren bekannt. Doch erst jetzt haben wir die technologischen Möglichkeiten, solch ein Experiment mit massiven Teilchen in die Tat umzusetzen", sagt Christian Brand von der Uni Wien.
In ihren Experimenten untersuchte das Team Welleneigenschaften von komplexen organischen Molekülen. Um die Moleküle in einen nicht-
Eine wesentliche Komponente des Experiments war die Maske – eine ultradünne Membran aus Kohlenstoff, in die die verschiedenen Schlitze geschrieben wurden. Die Anforderungen an die Maske waren enorm. So mussten die Abweichungen der Schlitzparameter zu der Größe der Moleküle vergleichbar sein, die an ihnen gebeugt wurden. An diesen Strukturen wurden dann die Interferenzexperimente durchgeführt. Insgesamt konnte ein großer Bereich an molekularen Geschwindigkeiten in den Experimenten untersucht werden. Dabei hat sich herausgestellt, dass alle untersuchten Geschwindigkeiten den Vorhersagen der Quantenmechanik mit einer maximalen Unsicherheit von einem Prozent folgten.
U. Wien / RK