30.03.2017

Quantennetz in Stadtgröße

Quanten-Oszillatoren ermöglichen Kopplung von Quantenbits trotz Rauschen über mittlere Distanz.

Wie kann man Quanteninformation zuverlässig übertragen, wenn man in der Verbindungs­leitung mit störendem Rauschen zu kämpfen hat? Forscher der Universität Innsbruck und der TU Wien präsentieren hierzu neue Lösungen. Heute kommunizieren wir mit Hilfe von Funk­signalen oder schicken elektrische Impulse durch lange Leitungen – doch das könnte sich bald ändern. Derzeit arbeiten viele Gruppen intensiv an Methoden der Quanten-Informations­übertragung. So könnte man abhörsichere Daten­verbindungen herstellen oder vielleicht sogar eines Tages Quanten­computer miteinander verschalten.

Abb.: Trotz störenden Rauschens lassen sich mit speziellen Tricks Quanten-Bits miteinander koppeln. (Bild: IQOQI / H. Ritsch)

Dazu muss es aber gelingen, die Information eines Quanten­systems zuverlässig auf ein anderes zu übertragen – und das ist extrem schwierig. Gleichzeitig und unabhängig voneinander entwickelten nun zwei Forschungs­teams, eines von der Universität Innsbruck und eines von der TU Wien, ein neuartiges Quanten-Kommunikations­protokoll. Es ermöglicht zuverlässige Quanten­kommunikation sogar in Anwesenheit von störendem Rauschen. Die Grundidee beider Forschungs­gruppen ist dieselbe: Ein zusätzliches Element am Anfang und am Ende der Leitung, ein Quanten-Oszillator, soll störendes Rauschen in der Leitung unschädlich machen.

Quantenkommunikations-Experimente gibt es schon lange. „Schon in den Neunziger­jahren wurde ein Quanten-Teleportations-Protokoll präsentiert, mit dem man den Zustand eines Quanten­systems mit Hilfe von optischen Photonen auf ein anderes übertragen kann“, sagt Benoit Vermersch, Postdoc im Team von Peter Zoller an der Universität Innsbruck. Damit kann man riesige Distanzen überbrücken – allerdings nur wenn man in Kauf nimmt, dass die aller­meisten Photonen verlorengehen und nur ein winziger Bruchteil von ihnen am Detektor ankommt.

„Uns ging es hingegen darum, einen Weg zu finden, wie man einen Quanten­zustand zuverlässig von einem Ort zum anderen übertragen kann, ohne dafür mehrere Versuche zu benötigen“, erklärt Peter Rabl vom Atom­institut der TU Wien.

Besonders vielversprechende Elemente für künftige Quanten­technologien sind supra­leitende Qbits – winzige Schaltkreise, die zwei verschiedene Zustände annehmen können. Im Gegensatz zu einem klassischen Licht­schalter, der immer entweder aus- oder eingeschaltet ist, erlauben die Gesetze der Quanten­physik allerdings auch, dass ein solches Qbit eine beliebige Kombination dieser beiden Zustände annimmt, man spricht dann von einer Quanten-Überlagerung.

Um diese subtilen Quanten-Zustände von einem supra­leitenden Qbit auf ein anderes zu übertragen, braucht man Photonen im Mikrowellen­bereich, wie man sie auch heute bereits für klassische Signal­übertragung verwendet. Eine zuverlässige Übertragung von Quanten­information mit Mikrowellen galt bisher allerdings als unmöglich, weil das Rauschen der allgegen­wärtigen Wärme­strahlung diese viel schwächeren Quanten­signale komplett überlagert.

Die beiden Forschungsgruppen an der TU Wien und der Universität Innsbruck konnten nun allerdings zeigen, dass diese Einschränkung doch nicht so streng ist wie üblicherweise angenommen. In Zusammen­arbeit mit Partner­teams aus Harvard und Yale (USA) konnten sie ein Übertragungs­protokoll entwickeln, mit dem sich das unvermeidliche Rauschen auslöschen lässt. „Die Idee ist, die Qbits nicht direkt an eine Mikrowellen-Leitung anzukoppeln, sondern sowohl auf Sender- als auch auf Empfänger­seite ein weiteres Quanten­system dazwischen­zuschalten – einen Mikrowellen-Oszillator“, erklärt Peter Rabl.

„In der Mikrowellen-Leitung dazwischen entsteht ein Rauschen durch Wärme­strahlung, das lässt sich nicht verhindern“, sagt Benoit Vermersch. „Der entscheidende Punkt ist allerdings, dass dieses Rauschen beide Oszillatoren an beiden Enden auf die gleiche Weise beeinflusst. Daher ist es möglich, durch präzise Kontrollpulse den störenden Einfluss dieses Rauschens wieder exakt vom schwächeren Quanten-Signal zu trennen.“

„Nach unseren Berechnungen könnte man mit diesem Protokoll Qbits über hunderte Meter hinweg verbinden“, sagt Peter Rabl. „Man müsste die Leitungen dann zwar immer noch kühlen, doch auf lange Sicht ergeben sich damit technologisch durchaus machbare Möglichkeiten, ganze Gebäude oder auch Städte mit Mikrowellenleitungen quanten­physikalisch zu vernetzen.“

TU Wien / DE

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