Quantensimulatoren für offene Quantensysteme
Trinationaler Forschungsverbund zu Quantensystemen in Deutschland, Italien und der Schweiz wird von der DFG und dem Schweizerischen Nationalfonds mit 3,3 Millionen Euro gefördert.
Die TU Berlin wird Sprecherhochschule der neuen Forschungsgruppe „Driven-dissipative many-body systems of ultracold atoms“, auf Deutsch etwa: „Getrieben-dissipative Vielteilchensysteme ultrakalter Atome“. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Schweizerische Nationalfonds bewilligten die Förderung des trinationalen Forschungsverbundes in Deutschland, Italien und der Schweiz. Sprecher der Forschungsgruppe, die im Gebiet der theoretischen und experimentellen Quantenphysik angesiedelt ist, ist André Eckardt, der seit 2020 Leiter des Fachgebiets Quantenvielteilchendynamik am Institut für theoretische Physik der TU Berlin ist. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Schweizerische Nationalfonds fördern das Vorhaben mit 3,3 Millionen Euro.
Wenn ein Quantensystem Informationen mit seiner Umgebung austauscht, beeinflusst dies die Dynamik des Systems in fundamentaler Weise. Sie wird dann nicht mehr durch die Schrödingergleichung beschrieben. Ein berühmtes Beispiel ist die Tatsache, dass bereits die Messung eines Quantensystems dessen Zustand verändert. Derartige, durch den Kontakt mit der Umgebung induzierten Prozesse werden auch als Dissipation bezeichnet und in diesem Sinne dissipative Quantensysteme als „offene Quantensysteme“.
Eine der größten Herausforderung bei der Kontrolle von Quantensystemen ist die Vermeidung schädlicher Dissipation, wie sie durch Wechselwirkung mit der Umgebung entsteht und Quantenüberlagerungen zerstören kann. Aus diesem Grund sind Quantensysteme ultrakalter Atome, die mit optischen Feldern im Ultrahochvakuum gehalten und damit extrem gut von ihrer Umgebung abgeschirmt werden, von besonderem Interesse.
Sie erlauben es als Quantensimulatoren, die kollektiven Eigenschaften von Quantenmaterie fast ohne Dissipation und unter extrem gut kontrollierten Bedingungen zu untersuchen. Im Rahmen der geplanten Forschung möchten die beteiligten Wissenschaftler nun gerade die Abwesenheit fast jeglicher unkontrollierter Dissipation in diesen Systemen als Ausgangspunkt nehmen, um den Einfluss von kontrolliert erzeugter Dissipation zu untersuchen.
Ultrakalte Atome sollen also als Quantensimulatoren für offene Quantensysteme verwendet werden. Zudem soll Dissipation auch nutzbar gemacht werden, zum Beispiel zum Kühlen oder für die gezielte Präparation verschränkter Quantenzustände. Von besonderer Bedeutung wird dabei die enge Zusammenarbeit zwischen Theorie und Experiment sein.
Die gewonnenen Erkenntnisse sind auch für andere Quantensysteme relevant, sei es in der Festkörperphysik, wo Elektronen mit Phononen in ihrer Umgebung wechselwirken oder in supraleitenden Schaltkreisen, für deren Verwendung als Quantencomputer ein genaues Verständnis von unvermeidlicher Dissipation essenziell ist.
TU Berlin / RK