01.09.2017

Quantentechnologie ist keine Kuriosität

Quanteninformationstechnologien gehören zu den boomenden Forschungsgebieten. Was ist der Stand der Dinge?

Längst geht es nicht mehr allein um Grundlagenforschung, sondern um handfeste technische Anwendungen. Im Fokus steht die abhörsichere Kommunikation. In der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit nimmt Dieter Meschede, Leiter der Arbeitsgruppe Quantentechnologie an der Universität Bonn und künftiger Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, zu dem Stand der Forschung weltweit, aber vor allem auch in Deutschland, Stellung.

Dieter Meschede lehrt am Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn und ist dort Leiter der Arbeitsgruppe Quantentechnologie. Ab dem nächsten Jahr wird er Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft sein. 

"Mich beeindruckt, was sich auf der einen Seite an Förderpolitischem tut, zum Beispiel die mit einer Milliarde Euro dotierte Initiative „Quantum Technologies Flagship“ der Europäischen Kommission. Damit verknüpft ist ein Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das im Moment den Namen Qutega für „Quantentechnologie – Grundlagen und Anwendungen“ trägt. Und ich habe kürzlich auf einem Seminar zur Quanteninformation im Physikzentrum Bad Honnef einen Vortrag von Cheng-Zhi Peng von der University of Science & Technology of China (USTC) in Hefei in China gehört, der über die chinesischen Aktivitäten berichtet hat. Das war außerordentlich eindrucksvoll.

Kryptografie ist ein wichtiges Thema. Wegen der Cyberkriminalität gewinnt die IT-Sicherheit eine sehr schnell wachsende Bedeutung. Da geht es nicht nur um die abhörsichere Übermittlung einer Nachricht, sondern um die ganze Infrastruktur. In Deutschland sind schon zum Beispiel Stahlwerke angegriffen und vorübergehend lahmgelegt worden. Da müssen wir offensichtlich etwas tun. Im Vergleich mit allen anderen Systemen für eine sichere Datenübertragung, die wir kennen, beruht einzig die Quantenkommunikation auf physikalisch beweisbar sicheren Verfahren.

Die heute am weitesten verbreitete Kryptografiemethode ist die sogenannte asymmetrische Verschlüsselung, wo der Empfänger dem Sender einen öffentlichen Schlüssel mit einer mathematischen Einwegfunktion schickt. Diese Verschlüsselung basiert auf der Faktorisierung von Zahlen, und wir gehen davon aus, dass es keinen Computer gibt, der sie knacken kann. Aber ein Quantencomputer könnte dazu in der Lage sein. Wenn es heute schon funktionierende Quantencomputer gäbe, dann wären die beliebten asymmetrischen Public-Key-Verfahren also sehr verletzlich.

Ich hoffe, dass wir jetzt in eine Phase kommen, wo klar wird, dass es einfach sinnvoll ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Wo es hinführen wird, ist nicht klar! Wir sollten nicht versprechen, dass wir alle Probleme lösen. Aber die Quanteninformationstechnologie ist ein Weg, um bestimmte Probleme zu lösen. Sie ist anspruchsvoll, sie zieht gute Leute an, und sie bietet Lösungen an, die keine andere Form von Technologie bieten kann."

Interview: Roland Wengenmayr

Das wesentlich umfangreichere Interview aus Physik in unserer Zeit finden sie hier bis zum 15.9. frei zum Download.

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