Quantenteleportation mit ungleichen Photonen
Polarisation von Laserphotonen wurde mit verschränkten LED-Photonen teleportiert.
Bei der Quantenteleportation wird der Quantenzustand eines Teilchens oder physikalischen Systems auf ein anderes übertragen. Diese Art der Informationsübermittlung ist für den Betrieb von Quantennetzen unverzichtbar. Bisher benutzte man für die Teleportation Photonen, die aus gleichartigen Lichtquellen kamen. Doch jetzt haben Forscher vom Toshiba-Forschungslabor in Cambridge den Polarisationszustand eines Laserphotons erfolgreich auf ein Photon teleportiert, das von einer Leuchtdiode stammte.
Abb.: Nachdem der Laserstrahl durch den linken Strahlteiler (95:5) stark abgeschwächt wurde, werden seine Photonen mit den XX-Photonen zusammengebracht und von Alice einer Bell-Messung unterzogen. Bob untersucht derweil anhand der X-Photonen, ob die Teleportation erfolgreich war. (Bild: R. M. Stevenson et al. / NPG)
Andrew Shields und seine Kollegen haben dazu eine von ihnen entwickelte Leuchtdiode verwendet. Diese „ELED“ (Entangled-Light-Emitting Diode) enthält einen Quantenpunkt, der nach Anlegen einer elektrischen Spannung immer nur zwei Elektron-Loch-Paare aufnimmt, die ein Biexziton (XX) bilden. Wenn die beiden Ladungspaare nacheinander unter vorübergehender Bildung eines Exzitons (X) rekombinieren, entsteht zunächst ein XX-Photon und unmittelbar darauf X-Photon, deren Wellenlänge 888,4 nm bzw. 889,6 nm ist. Die beiden Photonen sind einzeln unpolarisiert, befinden sich jedoch in einem gemeinsamen polarisationsverschränkten Zustand.
Mit dieser ELED hatten die Forscher im vergangenen Jahr erstmals eine Quantenteleportation zwischen LED-Photonen durchgeführt. Schon damals wiesen sie darauf hin, dass das Input-Photon, dessen Polarisation auf ein LED-Photon übertragen werden soll, nicht von einer ELED stammen muss, sondern auch von einem Laser kommen kann. Das setzt allerdings voraus, dass die Laser- und die LED-Photonen miteinander interferieren. Dies haben die britischen Forscher bei ihrem neuen Experiment demonstriert, in dem sie einen Diodenlaser benutzten, der auf die ELED abgestimmt war.
Sie haben einen asymmetrischen (95:5) Strahlteiler durch einen seiner beiden Eingänge mit dem linear polarisierten Laserlicht und durch den anderen mit dem Licht der ELED bestrahlt, das durch einen Polarisator parallel oder senkrecht zum Laserlicht polarisiert worden war. Am Strahlteiler wurden 95 % der Laserphotonen reflektiert. Nur 5 % konnten ihn passieren und mit den LED-Photonen interferieren, die zu 95 % vom Strahlteiler reflektiert worden waren. Ein sich anschließender symmetrischer Strahlteiler verteilte die Photonen mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf zwei Detektoren, wo sie einzeln registriert wurden.
Abb.: Die über alle sechs Input-Zustände gemittelte Fidelity, in Abhängigkeit von den Zeitdifferenzen τ1 und τ2 der von Alice und Bob beobachteten Detektorsignale. Sind beide Zeitdifferenzen Null, registrieren also Alice und Bob ihre Photonen gleichzeitig, so hat die Fidelity ein Maximum, das mit 0,767 deutlich über dem „klassischen“ Wert 2/3 liegt. (Bild: R. M. Stevenson et al. / NPG)
Die konstruktive Interferenz der Photonen machte sich dadurch bemerkbar, dass die beiden Detektoren wesentlich häufiger zur gleichen Zeit ein Photon registrierten als mit einem geringen Zeitunterschied von beispielsweise einer Nanosekunde. Diese Interferenz trat aber nur dann auf, wenn sich die Laser- und die LED-Photonen nicht voneinander unterscheiden ließen, also wenn sie dieselbe Polarisationsrichtung und (nahezu) dieselbe Energie hatten. Bei einem Energieunterschied von bis zu 15 µeV blieb die Interferenz deutlich sichtbar.
Nachdem diese Voraussetzungen erfüllt waren, nahmen die Forscher die Teleportation in Angriff. Sie gaben den Laserphotonen als Input eine von sechs möglichen Polarisationen: horizontal, vertikal, diagonal, antidiagonal, links- oder rechtszirkular. Die Laserphotonen, die den asymmetrischen Strahlteiler passiert hatten, wurden mit den unpolarisierten XX-Photonen der ELED überlagert, die am Strahlteiler reflektiert worden waren.
Sodann wurden die Laser- und die XX-Photonen einer gemeinsamen Bell-Messung unterzogen. Dazu hatten die Forscher in den Strahlengang einen Polarisationsstrahlteiler gestellt, der zu dem einen Detektor nur horizontal (H) polarisierte Photonen, zum anderen nur vertikal (V) polarisierte Photonen durchließ. Sprachen beide Detektoren (nahezu) gleichzeitig an, so hatten sie ein Photonenpaar im Zustand (HV)+(VH) registriert. Daraufhin ging das mit dem XX-Photon polarisationsverschränkte X-Photon in einen Zustand über, der dem ursprünglichen Polarisationszustand des Laserphotons entsprach.
Für jeden der sechs Input-Zustände untersuchten die Forscher, wie die Güte oder Fidelity der Teleportation von den experimentellen Parametern abhing, also von den Differenzen zwischen den Ankunftszeiten der drei Photonen, dem Unterschied der Photonenenergien und dem Verhältnis der Lichtintensitäten von Laser und ELED. In allen sechs Fällen konnten die Forscher die Parameter so einstellen, dass die Fidelity deutlich über 2/3 lag, dem durch rein klassische Teleportation erreichbaren Maximalwert. Die Quantenteleportation war somit in allen Fällen erfolgreich.
Für die Quantenteleportation zwischen Photonen aus ungleichen Lichtquellen sehen Shields und seine Kollegen zahlreiche Anwendungen, etwa in Quantenrelais oder Repeatern, mit denen sich in Quantennetzen große Entfernungen überbrücken ließen. Statt den Input-Laserstrahl durch einen asymmetrischen Strahlteiler abzuschwächen und so auf die Lichtintensität der ELED zu reduzieren, könnte man auch einen ursprünglich sehr starken Laserstrahl nach Durchlaufen einer großen Distanz auf einen symmetrischen Strahlteiler fallen lassen und als Input für die Teleportation nutzen.
Rainer Scharf
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