30.01.2009

Rätselhafte Wasserspritzer

Warum ein feiner Wasserstrahl nach oben schießt wenn ein Stein ins Wasser fällt

Warum ein feiner Wasserstrahl nach oben schießt wenn ein Stein ins Wasser fällt

Es ist ein physikalisches Alltagsphänomen, für das es bisher noch keine zufriedenstellende Erklärung gab: Trifft ein fester Gegenstand auf eine Wasseroberfläche, so schießt von dort ein feiner Wasserstrahl senkrecht nach oben heraus. Forscher der Universität Twente haben dieses Phänomen experimentell und mit Hilfe von Computersimulationen eingehend studiert und analytisch beschrieben. Sie geben jetzt eine überzeugende und zugleich überraschende Erklärung.


Abb.: Nachdem sich der von der Scheibe verursachte Hohlraum eingeschnürt hat, bilden sich zwei feine Strahlen. Wie die numerische Simulation zeigt, spielt die Oberflächenspannung dabei keine Rolle. (Bild: D. Lohse, Univ. Twente)

Bei ihren Experimenten haben Detlef Lohse und seine Mitarbeiter eine 4 cm große Kreisscheibe mit einer konstanten Geschwindigkeit von 1 m/s senkrecht durch eine Wasseroberfläche gezogen. Was sich dabei abspielte, filmten sie mit einer Hochgeschwindigkeitskamera. Auf den Bildern war zu erkennen, wie die Scheibe einen zylindrischen Hohlraum in das Wasser hinein pflügte. Der Wasserdruck, der auf der Wand des Zylinders lastete, ließ ihn kollabieren. Der Zylinder schürte sich ringförmig ein, wobei die Oberflächenspannung des Wassers keine wichtige Rolle zu spielen schien, wie die numerischen Simulationen zeigten.  

Die Einschnürung ließ schließlich einen singulärer Punkt entstehen, an dem das in den Hohlraum stürzende Wasser aus allen Richtungen aufeinander traf. Es war jedoch nicht dieses momentane Aufeinandertreffen der Wassermassen, das einen Wasserstrahl emporschießen ließ. Diese Kollision setzte nicht genug Wasser in Bewegung, um das beobachtete Herauswachsen des Wasserstrahls zu erklären. Auch nachdem die Einschnürung abgeschlossen war und den unmittelbar hinter der Scheibe liegenden Teil des Hohlraums zu einer Luftblase gemacht hatte, stürzte Wasser radial in den Hohlraum. Die Einschnürung wurde zu einer Flüssigkeitsbrücke mit stetig wachsender Dicke.  

An der Ober- und Unterseite dieser Flüssigkeitsbrücke wurde weiterhin Wasser radial nach innen transportiert, das nur senkrecht nach oben oder unten ausweichen konnten und in diese Richtungen stark beschleunigt wurde. Dieser stetige Wassernachschub wirkte so, aus würde man eine Zahnpastatube ausdrücken. Es wuchsen zwei feine Wasserstrahlen senkrecht aus der Flüssigkeitsbrücke – einer nach oben in den freien Raum und einer nach unten in die Luftblase hinein.  

Die numerischen Simulationen ermöglichten es, die Entwicklung des oberen Strahls rückwärts in der Zeit bis zur Einschnürung des Hohlraums zu verfolgen. Dadurch ließ sich der Flüssigkeitsbereich bestimmen, aus dem sich der Strahl entwickelte. Dieser Bereich war etwa so groß wie die Kreisscheibe, er war jedoch nur ca. 0,2 mm dick. Dass sich aus solch einer dünnen Schicht ein feiner Wasserstrahl entwickelt, ohne dass dabei die Oberflächenspannung eine Rolle spielt, ist schon verblüffend. Lohse und seine Kollegen haben ein analytisches Modell der Strahlbildung aufgestellt, mit dem sie die Form und Geschwindigkeit des Wasserstrahls vorhersagen wollen. Überraschend und bisweilen unfreiwillig erfrischend bleibt dieses Phänomen aber auch nach seiner Erklärung.

RAINER SCHARF  


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