06.09.2023

Rätselhafter Fleck auf Neptun

Erstmals gelingt Beobachtung eines dunklen Flecks auf Neptun mit einem irdischen Instrument.

Mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO haben Astronomen einen großen dunklen Fleck in der Neptun­atmosphäre beobachtet, neben dem sich ein unerwarteter kleiner heller Fleck befindet. Damit wurde erstmals ein solcher dunkler Fleck auf dem Planeten mit einem Teleskop auf der Erde beobachtet. Diese gelegentlichen Erscheinungen im blauen Hintergrund der Neptun­atmosphäre sind ein Rätsel, und die neuen Ergebnisse liefern weitere Hinweise auf ihre Eigenschaften und ihren Ursprung.

 

Abb.: Dieses Bild zeigt Neptun, beobachtet mit dem MUSE-Instrument am Very...
Abb.: Dieses Bild zeigt Neptun, beobachtet mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope (VLT) der ESO. An jedem Pixel des Neptun spaltet MUSE das einfallende Licht in seine einzelnen Farben oder Wellen­längen auf. (Bild: ESO / P. Irwin et al.)

Große Flecken sind häufige Merkmale in der Atmosphäre von Riesen­planeten. Der berühmteste ist der Große Rote Fleck des Jupiter. Im Jahr 1989 entdeckte die NASA-Sonde Voyager 2 erstmals einen dunklen Fleck auf Neptun, der einige Jahre später wieder verschwand. „Seit der ersten Entdeckung eines dunklen Flecks habe ich mich immer gefragt, was es mit diesen kurzlebigen und schwer fassbaren dunklen Erscheinungen auf sich hat“, sagt Patrick Irwin, Professor an der University of Oxford in Großbritannien und leitender Forscher der neuen Studie.

Irwin und sein Team verwendeten Daten des VLT der ESO, um die Möglichkeit auszuschließen, dass die dunklen Flecken durch eine „Auflockerung“ in den Wolken verursacht werden. Die neuen Beobachtungen deuten stattdessen darauf hin, dass die dunklen Flecken wahrscheinlich das Ergebnis von Luftpartikeln sind, die sich in einer Ebene unterhalb der sichtbaren Dunstschicht abdunkeln, wenn sich in der Neptun­atmosphäre Eis und Dunst vermischen.

Es war nicht einfach, zu dieser Schlussfolgerung zu kommen, denn dunkle Flecken sind keine dauerhaften Merkmale der Neptun­atmosphäre und Astronomen konnten sie bisher nicht in ausreichendem Maße zu untersuchen. Die Gelegenheit dazu ergab sich, nachdem das Weltraumteleskop Hubble mehrere dunkle Flecken in der Neptun­atmosphäre entdeckt hatte, darunter einen in der nördlichen Hemisphäre des Planeten, der erstmals 2018 bemerkt wurde. Irwin und sein Team machten sich sofort an die Arbeit, diesen Fleck vom Boden aus zu untersuchen – mit einem Instrument, das für diese anspruchsvollen Beobachtungen ideal geeignet ist.

Mit dem Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) des VLT konnten die Forscher das vom Neptun und seinem Fleck reflektierte Sonnenlicht in seine einzelnen Wellenlängen zerlegen und ein 3D-Spektrum erhalten. Dies bedeutete, dass sie den Fleck detaillierter untersuchen konnten, als es zuvor möglich war. „Ich bin begeistert, dass wir nicht nur die erste Entdeckung eines dunklen Flecks vom Boden aus machen konnten, sondern auch zum allerersten Mal ein Reflexions­spektrum eines solchen Phänomens aufnehmen konnten“, sagt Irwin.

Da verschiedene Wellenlängen unterschiedliche Tiefen in der Neptun­atmosphäre abtasten, konnten die Astronomen anhand des Spektrums die Höhe des dunklen Flecks in der Atmosphäre des Planeten besser bestimmen. Das Spektrum lieferte auch Informationen über die chemische Zusammen­setzung der verschiedenen Schichten der Atmosphäre, was dem Team Hinweise darauf gab, warum der Fleck dunkel erschien.

Die Beobachtungen lieferten auch ein überraschendes Ergebnis. „Dabei entdeckten wir einen seltenen tiefen, hellen Wolkentyp, der noch nie zuvor identifiziert worden war, nicht einmal aus dem Weltraum“, sagt Studien-Koautor Michael Wong, Forscher an der University of California, Berkeley, USA. Dieser seltene Wolkentyp erschien als heller Fleck direkt neben dem größeren dunklen Hauptfleck. Die VLT-Daten zeigen, dass sich die neue „tiefe helle Wolke“ auf der gleichen Ebene in der Atmosphäre befindet wie der dunkle Hauptfleck. Dies bedeutet, dass es sich um eine völlig neue Art von Erscheinung handelt, verglichen mit den kleinen „Begleitwolken“ aus Methaneis in großer Höhe, die zuvor beobachtet wurden.

Mit dem VLT der ESO können Astronomen nun Merkmale wie diese Flecken von der Erde aus untersuchen. „Dies erweitert die Möglichkeiten der Menschheit, den Kosmos zu beobachten, auf erstaunliche Weise. Zunächst konnten wir diese Flecken nur entdecken, indem wir eine Raumsonde wie die Voyager dorthin schickten. Dann haben wir mit Hubble die Fähigkeit erlangt, sie aus der Ferne zu erkennen. Und schließlich ist die Technologie so weit fortgeschritten, dass wir sie vom Boden aus entdecken können“, schließt Wong, bevor er scherzhaft hinzufügt: „Das könnte mich als Hubble-Beobachter arbeitslos machen!“

MPIA / DE

 

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