Rasante Umverteilung
Elektronen in Übergangsmetallen werden in Bruchteilen eines optischen Schwingungszyklus umverteilt.
Forscher der ETH Zürich haben gemessen, wie Elektronen in Übergangsmetallen in Bruchteilen eines optischen Schwingungszyklus umverteilt werden. Die Elektronen konzentrieren sich in weniger als einer Femtosekunde um die Metallatome. Diese Umverteilung könnte wichtige makroskopische Eigenschaften von Verbindungen mit Übergangsmetallen – wie Leitfähigkeit, Magnetisierung oder optische Charakteristiken – beeinflussen, welche sich somit auf kürzesten Zeitskalen steuern lassen könnten.
In ihrem Experiment haben Mikhail Volkov und Kollegen in der Gruppe für Kurzzeit-Laserphysik von Ursula Keller dünne Titan- und Zirconiumfolien einem kurzen Laserpuls ausgesetzt und die Umverteilung der Elektronen in diesen Übergangsmetallen ;über die resultierenden Veränderungen der optischen Eigenschaften im extremen Ultraviolett (XUV) beobachtet. Um den induzierten Änderungen mit ausreichend feiner Zeitauflösung folgen zu können, haben sie zur Messung XUV-Pulse mit einer Dauer von wenigen hundert Attosekunden eingesetzt. Durch einen Vergleich mit theoretischen Modellen, welche von der Gruppe von Angel Rubio vom Max-Planck-Institut für die Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg beigesteuert wurden, konnte gezeigt werden, dass die sich in weniger als einer Femtosekunde einstellenden Veränderung auf eine Lokalisierung der Elektronen um die Metallatome zurückzuführen ist. Die Theorie sagt zudem voraus, dass in Übergangsmetallen mit mehr gefüllten äußersten Atomschalen, eine gegenteilige Bewegung zu erwarten ist.
Die Elektronenverteilung legt die mikroskopischen elektrischen Felder in einem Material fest, welche dieses nicht nur zusammenhalten, sondern auch einen Großteil seiner makroskopischen Eigenschaften mitbestimmen. Ändert man die Verteilung der Elektronen, beeinflusst man damit auch die Eigenschaften des Materials. Das Experiment von Volkov et al. hat gezeigt, dass dies innerhalb von Zeitskalen möglich ist, die viel kürzer sind als der Schwingungszyklus von sichtbarem Licht. Wohl noch wichtiger ist der Umstand, dass die Zeitskalen viel kürzer sind als die Thermalisierungszeit, innerhalb welcher die Elektronen durch Stöße aneinander und mit dem Kristallgitter jegliche Wirkung einer solchen externen Steuerung der Elektronenverteilung zunichte machen würden.
Dass der Laserpuls in Titan und Zirconium zu einer verstärkten Lokalisierung der Elektronen führt, war für die Forscher anfänglich überraschend. Ein genereller Trend in der Natur ist, dass wenn man gebundene Elektronen mit mehr Energie versorgt, diese weniger stark lokalisiert werden. Die theoretischen Analyse, welche die Beobachtungen aus den Experimenten stützt, zeigte, dass die erhöhte Lokalisierung der Elektronendichte ein Nettoeffekt ist, welcher durch das stärkere Befüllen der für die Übergangsmetalle charakteristischen und nur teilweise gefüllten d-Orbitale der Metallatome zustande kommt. Für Übergangsmetalle, welche über bereits mehr als halb gefüllte d-Orbitale verfügen, ist der Nettoeffekt dagegen eine Delokalisierung der Elektronendichte.
Während das aktuelle Ergebnis von grundlegender Natur ist, zeigen die Experimente die Möglichkeit einer sehr schnellen Modifikation von Materialeigenschaften auf. Solche Modulationen werden in Elektronik und Optoelektronik für die Verarbeitung elektronischer Signale oder die Übertragung von Daten genutzt. Während in aktuellen Komponenten Signalströme mit Frequenzen im Gigahertz-Bereich moduliert werden, deuten die Ergebnisse auf die Möglichkeit einer Signalverarbeitung im Petahertz-Bereich hin. Die sehr grundlegenden Erkenntnisse können somit einen Einfluss auf die Entwicklung der nächsten Generationen von immer schnelleren Komponenten haben und damit indirekt ihren Weg in unser tägliches Leben finden.
ETHZ / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
M. Volkov et al.: Attosecond screening dynamics mediated by electron localization in transition metals, Nat. Phys., online 5. Juli 2019; DOI: 10.1038/s41567-019-0602-9 - Gruppe Kurzzeit-Laserphysik, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich