Rasantes Laserkühlen von Gasen
Bonner Physiker konnten vor Jahrzehnten entwickelte Theorie im Experiment bestätigen – Neuartige Minikühlschränke für Tieftemperatur-Labore möglich
Bonner Physiker konnten vor Jahrzehnten entwickelte Theorie im Experiment bestätigen – Neuartige Minikühlschränke für Tieftemperatur-Labore möglich
Schockgefrostete Gase oder Flüssigkeiten können selbst weit unterhalb ihrer Siede- und Schmelzpunkte in ihrem ursprünglichen Aggregatzustand verharren. Für solche Experimente, die völlig neue Eigenschaften der Stoffe offenbaren, entwickelten nun Bonner Physiker ein neues Laserkühlverfahren. Die theoretischen Grundlagen wurden bereits 1978 von finnischen und amerikanischen Wissenschaftlern gelegt, aber erst jetzt gelang am Bonner Institut für Angewandte Physik die experimentelle Umsetzung.
Abb.: Thermografische Aufnahme der Experimentierzelle. Blau im Zentrum befindet sich das Zellfenster, dessen Temperatur vom Laser-gekühlten Gas herabgesetzt wird. Die Umgebung (rot, gelb) wird durch das gestreute Licht erwärmt. (Bild: IAP, Universität Bonn)
"Eventuell lassen sich mit dieser Methode sogar Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt erreichen", sagt Martin Weitz, der zusammen mit seinem Kollegen Ulrich Vogl die Laserkühlung durchführte. Dazu füllten sie in eine winzige Kammer Argon- und Rubidiumatomen. Diese Gaswolke heizten sie auf etwa 350 Grad Celsius auf und verdichteten sie auf einen Druck von 230 bar. Sie schossen infrarotes Laserlicht der Wellenlänge 820 nm auf die
Gaswolke. Nur wenige Sekunden später konnten sie eine Abkühlung von 66 Grad messen.
Möglich wurde diese rasante Abkühlung durch die zahlreichen Kollisionen der Atome in der Hochdruckzelle. "Dabei verbiegen sich die Elektronenbahnen der Teilchen", sagt Weitz. Wegen dieser Verformung reicht die Energie der Laserblitze gerade aus, um Elektronen aus dem 5s-Orbital der Rubidiumatome auf das 5p-Orbital anzuheben. Nach der Kollision nehmen die Orbitale wieder ihre ursprüngliche Form an. Um dennoch nicht direkt wieder auf die innere 5s-Bahn zurückzufallen, benötigt das Elektron zusätzliche Energie. Diese findet es in der Bewegungsenergie des Atoms. Die Folge: Das Atom wird abgebremst. Eine Verringerung der kinetischen Energie von Teilchen entspricht aber nichts anderes als einer Abkühlung.
Für die so genannte Doppler-Kühlung werden Laser heute bereits häufig eingesetzt. Doch diese Methode funktioniert nur in dünnen Medien und nicht bei so stark verdichteten Gasen wie in diesem Experiment. "Daher halte ich neuartige Kühlschränke für Anwendungen im Labor und für die Spektroskopie für möglich", sagt Weitz. In weiteren Experimenten könnte der Temperaturbereich für diese stoßunterstützte Laserkühlung weiter gesenkt werden. Ohne großen Aufwand mit flüssigen und tiefkalten Gasen (Helium, Stickstoff) könnten dann Proben mit bisher unerreichbarer Geschwindigkeit auf tiefe Temperaturen abgekühlt werden.
Vor allem Materialforscher könnten großen Interesse an einem rasanten Schockfrosten von Gasen oder Flüssigkeiten haben. Denn wenn die Temperatur schnell genug gesenkt werden, verharren Gase in ihrem ursprünglichen Aggregatzustand, obwohl sie sich eigentlich schon verflüssigt haben müssten. Wie Experimente mit auf minus 42 Grad Celsius gekühlte, und dennoch flüssigem Wasser zeigen, offenbaren solche unterkühlten Gase und Flüssigkeiten neue Eigenschaften, die zu einem besseren Verständnis der Stoffe führen könnten.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos
Weiterführende Literatur:
- Berman, P. R. & Stenholm, S.: Heating or cooling using collisionally aided fluorescence. Opt. Commun. 24, 155–157 (1978)
- Pringsheim, P.: Zwei Bemerkungen über den Unterschied von Lumineszenz- und Temperaturstrahlung. Z. Phys. 57, 739–746 (1929)
www.springerlink.com/content/k07lj10j122m4743/ - Hänsch, T. W. & Schawlow, A. L.: Cooling of gases by laser radiation. Opt. Commun. 13, 68–69 (1975)
dx.doi.org/10.1016/0030-4018(75)90159-5
AL