11.08.2009

Raumfahrttechnologien im Dienst der Grünen Lunge

Aachener Forscher haben ein Präzisions-Navigationssystem für die Forstwirtschaft entwickelt, mit dem die Waldbewirtschaftung und -planung hocheffizient gestaltet werden kann

Forscher der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen haben ein Präzisions-Navigationssystem für die Forstwirtschaft entwickelt, mit dem die Waldbewirtschaftung und -planung hocheffizient gestaltet werden kann. Es basiert auf die Zusammenführung von Luftbildern mit Satellitennavigationsdaten.

 

Abb.: Das in die Kabine integrierte Precision Forestry Positioning System leitet den Harvester zum nächsten Baum, der gefällt werden soll (Bild: RWTH Aachen University)

Das Hightech-Wunderding, das die Forstwirtschaft revolutionieren soll, läuft unter dem Namen „Precision Forestry Positioning System“ (PFPS). Mit dem PFPS sollen sämtliche forstwirtschaftlichen Arbeiten automatisiert und zugleich optimiert werden – von der anfänglichen Waldplanung bis zum finalen Fällen der Bäume. Wer PFPS nutzt, wird gegenüber seinen Mitbewerbern ohne PFPS konkurrenzfähiger produzieren.

Das PFPS ist bereits in Nordrhein-Westfalen erfolgreich erprobt worden. Auf diese Weise konnte jeder einzelne Baum des Bundeslandes erfasst und katalogisiert werden – insgesamt 240 Millionen Stück. Die gesammelten Daten dokumentieren neben den Geokoordinaten und dem Ist-Zustand jedes Baumes auch dessen Entwicklung – vom Anpflanzen über die zwischendurch erfassten Wachstumsphasen bis zum optimalen Zeitpunkt des Fällens. Auch sein Besitzer ist registriert, was besonders bei der in Deutschland üblichen kleinparzelligen Waldeigentümerstruktur von Bedeutung ist.

Die Informationen dienen letztlich zur Ermittlung des optimalen Erntezeitpunktes, also dem Fällen des jeweiligen Baumes. Das von den Wissenschaftlern am Institut für Mensch-Maschine-Interaktion der RWTH Aachen entwickelte System bietet aber noch mehr. So ist es möglich, die Baum-Informationen aus der Datenbank als virtuellen Wald auf dem Bildschirm zu präsentieren. Hier werden weitere Informationen zusammengeführt, wie beispielsweise Bodentyp, Höhenangaben, Gefälle, Wegenetz, Liegenschaften, Daten aus älteren Luftbildbefliegungen, Unwetterereignisse usw. usf. Damit werden zahlreiche Arbeiten der Forstwirte wie Forstinventur und -planung, Optimierung der Ernte- und Abrechnungsprozesse, Verbesserung der Holzlogistik oder Bewertung von Schadensereignissen wesentlich erleichtert.

Der virtuelle Wald macht es auch möglich, Abtransportrouten und die optimalen Routen der Holzerntemaschinen – unter Fachleuten als Harvester bekannt – festzulegen ohne dass vorab der Wald begangen werden muss. Das spart wesentlich Zeit und erhöht die Arbeitsleistung: „Vor der Entwicklung des Systems mussten die Waldarbeiter ihre Entscheidungen aufgrund ihrer Inspektionen treffen. Das ist eine langwierige und wenig effiziente Methode, was den Einsatz qualifizierter Arbeitskräfte auf Vollzeitbasis erfordert. Rüstet man Mensch und Maschine jedoch mit unseren Präzisionssensoren und Navigationssystemen aus, kann über Fällungen vor Ort entschieden und ihr Einsatz maximal koordiniert werden“, erläutert Jürgen Roßmann von der RWTH Aachen die Vorteile.

Das System ist sogar in der Lage, sich daran zu „erinnern“, wo ein Baum gefällt wurde und wer dessen Eigentümer war. Für das Land Nordrhein-Westfalen, in dem zwei Drittel des Waldbestandes aus kleinen privaten Parzellen zwischen 0,5 und 1,5 Hektar Fläche besteht, ein Segen. Diese Fähigkeit des „Erkennens“ gefällter Bäume und ihrer Zuweisung an den ursprünglichen Besitzer mittels spezieller elektronischer Adress-Etiketten – so genannte Geo-Tags – erweist sich als äußerst nützlich. Sie ermöglicht das kooperative Holzernten verschiedener Eigentümer und verringert so die Kosten.

„Durch die Benutzung von Satelliten-Navigationssystemen können Land- und Forstwirte viel Geld sparen. Jedoch reicht die Genauigkeit des GPS-Navigationssystems, die gegenwärtig zwischen 20 und 30 Metern liegt, zur Identifizierung jedes einzelnen Baumes im Wald nicht aus. Es ist eine viel höhere Auflösung erforderlich“, erklärt Roßmanns Mitarbeiter Arno Bücken und erläutert die Vorgehensweise: „Wir fanden eine Lösung für das Problem, indem wir GPS-Daten als Referenzpositionen verwendeten und dann Fernerkundungsdaten von Flugzeugen hernahmen, die mit konventionellen Kartendaten abgeglichen wurden. Das verbesserte die Genauigkeit bis auf 50 Zentimeter. Geht das europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo nach Fertigstellung ab 2013 in Betrieb, wird die Positionsabschätzung voraussichtlich noch gesteigert.“

Die Harvester haben neben einem GPS-System auch einen Computer mit den Erntedaten an Bord und können so die zu fällenden Bäume erkennen. Das optimiert die Holzproduktion, reduziert gleichzeitig die Kosten und macht die Ernte effizient.

Das System gewann 2008 in Nordrhein-Westfalen den Regionalwettbewerb der European Satellite Navigation Competition. Dahinter verbirgt sich ein Ideenwettbewerb für Anwendungsinnovationen im Bereich Satellitennavigation, der vom Technology Transfer Programme Office TTPO der Europäischen Weltraumorganisation unterstützt wird.

ESA


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