Rechnen mit Magnonen
Simulation zeigt Machbarkeit neuartiger 2D-Schaltkreise mit hoher Informationsdichte.
Als der US-amerikanische Ingenieur Jack Kilby in den 1960er Jahren den integrierten Schaltkreis entwickelte, kam dies einer technischen Revolution gleich: Zunächst nur in einem Taschenrechner verbaut, ermöglichte die Technik kurze Zeit später den Siegeszug der Computer, die von da an mit immer kleineren Prozessoren auskamen. An einer neuen Generation von Schaltkreisen arbeiten nun Physiker um Andrii Chumak von der Technischen Universität Kaiserslautern. Sie nutzen dabei Spinwellen. „Diese können Information in Form des Eigendrehimpulses in magnetischen Materialien transportieren“, sagt Chumak. „Die Quantenteilchen solcher Wellen sind Magnonen.“ Im Vergleich zu Elektronen können sie wesentlich mehr Informationen transportieren, verbrauchen dabei viel weniger Energie und erzeugen weniger Abwärme. Dies macht sie beispielsweise für schnellere und leistungsfähigere Rechner interessant.
Abb.: Ein herkömmlicher, elektronischer Schaltkreis im Vergleich zu einem magnonischen Schaltkreis, der mit einer zweidimensionalen Verdrahtung auskommt. (Bild: AG Hillebrands, TUKL)
In der nun erschienenen Studie beschreiben die Wissenschaftler erstmals einen integrierten magnonischen Schaltkreis, in welchem Informationen mittels dieser Teilchen übertragen werden. Wie auch bei gängigen elektronischen Schaltkreisen sind hierbei Leiter und Leitungskreuzungen notwendig, um die einzelnen Schaltelemente zu verbinden. In ihrer Simulation ist es den Forschern nun gelungen, eine solche Kreuzung für Magnonen zu entwickeln. „Dazu haben wir in unsere Berechnungen ein Phänomen mit einbezogen, das in der Physik schon bekannt ist und in der Magnonik erstmals zum Einsatz kommt“, sagt Doktorand Qi Wang. „Wenn zwei Magnonenleiter äußerst eng nebeneinander liegen, reden die Wellen gewissermaßen miteinander, das heißt, die Energie der Wellen wird vom einen Leiter auf den anderen übertragen.“ In der Optik findet dies schon länger Verwendung, zum Beispiel um Informationen zwischen Lichtwellenleitern zu übertragen.
Dies macht sich auch das Nano-Magnonik-Team zunutze, um Schaltelemente auf einem magnonischen Chip in einer neuen Art und Weise zu verdrahten. Das Besondere hierbei: Sie kommen bei den Leitungskreuzungen ohne eine dreidimensionale Brückenkonstruktion aus. Bei klassischen Schaltkreisen ist dies notwendig, um den Elektronenfluss zwischen mehreren Elementen zu gewährleisten. „Bei unserem Schaltkreis nutzen wir eine zweidimensionale flache Verdrahtung, bei der die Magnonenleiter nur dicht nebeneinander liegen müssen“, sagt Wang.
Mithilfe des Modells möchten die Forscher nun einen ersten magnonischen Schaltkreis bauen. Für die künftige Produktion von Computer-Bauteilen ließe sich beispielsweise mit diesen neuartigen Schaltkreisen Material und dadurch auch Kosten einsparen. Darüber hinaus liegt die Größe der simulierten Bauteile im Nanometerbereich, was mit modernen elektronischen Bauteilen vergleichbar ist. Allerdings ist die Informationsdichte bei Magnonen um ein Vielfaches größer.
TU Kaiserslautern / JOL