Rechnen mit Nanomagneten
Geringe Nullpunktsenergie kann Nanomagnete stabilisieren.
Die so genannte Nullpunktsenergie dient in der Science Fiction als mächtige und schier unerschöpfliche Energiequelle. Ob sie sich dafür tatsächlich jemals wird nutzen lassen, ist umstritten. Jülicher Forscher fanden nun heraus, dass sie eine wichtige Rolle für die Stabilität von Nanomagneten spielt. Diese sind von großem technischen Interesse für die magnetische Speicherung von Daten, aber bisher nicht stabil genug. Die Forscher zeigen nun Wege auf, Nanomagnete mit geringer Nullpunktsenergie und dadurch hoher Stabilität möglich zu machen.
Abb.: Magnetische Fluktuationen (blaue Pfeile) eines einzelnen Atoms (rote Kugel) auf einer Oberfläche. (Künstl. Illu.: FZJ)
Seit den 1970er-Jahren verdoppelt sich die Zahl der Komponenten auf Computerchips alle ein bis zwei Jahre, ihre Größe verringert sich. Diese Entwicklung hat kleine und leistungsfähige Rechner, etwa Smartphones, erst möglich gemacht. Inzwischen sind viele Bauteile nur noch etwa so groß wie ein Virus und der Miniaturisierungsprozess hat sich verlangsamt. Denn unterhalb einer Größe von etwa einem Nanometer, einem Milliardstel Meter, kommen Quanteneffekte ins Spiel. Sie erschweren es zum Beispiel, magnetische Momente zu stabilisieren. Forscher weltweit suchen nach geeigneten Materialien für magnetisch stabile Nanomagnete, um damit Daten auf engstem Raum sicher speichern können.
Stabil heißt in diesem Zusammenhang, dass die magnetischen Momente dauerhaft in eine von zwei festgelegten Richtungen zeigen. Eine Richtung kodiert dann ein Bit. Jedoch sind die magnetischen Momente von Atomen immer in Bewegung. Auslöser ist die so genannte Nullpunktsenergie. Das ist die Energie, die ein quantenmechanisches System im Grundzustand am absoluten Temperaturnullpunkt besitzt. „Sie bringt die magnetischen Momente von Atomen selbst bei tiefsten Temperaturen zum Zittern und wirkt so einer stabilen Ausrichtung des magnetischen Moments entgegen“, erläutert Julen Ibañez-Azpiroz, Mitarbeiter der Helmholtz-Nachwuchsgruppe „Functional Nanoscale Structure Probe and Simulation Laboratory“ am Peter Grünberg Institut und am Institute for Advanced Simulation. Wenn zu viel Energie im System steckt, klappen die magnetischen Momente um und die gespeicherten Informationen gehen verloren.
„Unsere Berechnungen zeigen, dass die magnetischen Nullpunktsfluktuationen sogar die gleiche Größenordnung erreichen können wie das magnetische Moment selbst“, berichtet Ibañez-Azpiroz. „Dies erklärt, warum die Suche nach stabilen Nanomagneten so schwierig ist.“ Jedoch gibt es auch einen Gegenspieler in Form einer Energiebarriere, die das Moment beim Rotieren überwinden muss. Ihre Höhe hängt vom Material ab.
Wie die Quanteneffekte die magnetische Stabilität im Detail beeinflussen, untersuchten die Jülicher Forscher an besonders vielversprechenden Materialien aus der Klasse der Übergangsmetalle und erstellten aus ihren Ergebnissen einen Leitfaden für die Entwicklung stabiler Nanomagnete mit geringer Quantenfluktuation: Ihre Tabelle über die Eignung verschiedener Elemente soll als Baukasten für die Zusammenstellung komplexer Nanomagnete aus mehreren Atomen dienen.
„Die geringsten Fluktuationen zeigen Materialien, die ein starkes magnetisches Moment besitzen, das gleichzeitig nur schwach mit denen des Trägermaterials wechselwirkt. Außerdem sollte das Material so gewählt sein, dass die Energiebarriere, die die Rotation des magnetischen Moments behindert, möglichst hoch ist“, fasst Samir Lounis die Ergebnisse zusammen. Der Physiker leitet die Nachwuchsgruppe. „Praktisch lässt sich das Wissen nutzen, indem man zum Beispiel Atome gruppiert, so dass das gemeinsame magnetische Moment vergrößert wird, und ein isolierendes Trägermaterial anstelle eines metallischen wählt.“
Die Forscher hatten systematisch den Zusammenhang zwischen charakteristischen Eigenschaften der Atome und der Stärke der magnetischen Fluktuationen untersucht, die durch die Nullpunktsenergie verursacht werden. Dazu nutzten sie so genannte „ab initio“-Berechnungen, die nur auf allgemein akzeptierten physikalischen Gesetzmäßigkeiten aufbauen und ohne Anpassung an experimentelle Daten auskommen. Wie die Zahl der Atome die Fluktuationen beeinflusst, plant Ibañez-Azpiroz in weiteren Berechnungen zu untersuchen.
FZJ / JOL