Riesige Wirbel auf der Sonne
Die Rossby-Wellen breiten sich entgegengesetzt zur Rotationsrichtung des Sterns aus.
Ein Team unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung und der Georg-August-Universität Göttingen hat gigantische Wirbel auf der Sonne entdeckt. Diese Rossby-Wellen breiten sich entgegengesetzt zur Rotationsrichtung des Sterns aus, haben Lebensdauern von mehreren Monaten und maximale Amplituden am Äquator. Vierzig Jahre lang hatten Wissenschaftler über die Existenz solcher Wellen auf der Sonne spekuliert, die in jedem rotierenden, fluiden System vorhanden sein sollten. Jetzt wurden sie erstmals eindeutig identifiziert und charakterisiert. Die solaren Rossby-Wellen sind nahe Verwandte der Rossby-Wellen, die auf der Erde in der Atmosphäre und den Ozeanen auftreten.
Abb.: Wirbel auf der Sonne: Die Rossby-Wellen bewegen sich entgegengesetzt zur Rotationsrichtung des Tagesgestirns. Ihre Amplitude ist in Äquatornähe am größten. (Bild: MPS / NASA / HormesDesign)
In fast jeder Wetterkarte der nördlichen Erdhemisphäre finden sich atmosphärische Rossby-Wellen als herausstechendes Merkmal. Sie erscheinen als Mäander im Jetstream, der kalte Polarluft im Norden von wärmerer subtropischer Luft weiter südlich trennt. Manchmal erreichen diese Wellen die äquatorialen Regionen und können sogar das Wetter in Australien beeinflussen. Im Prinzip entstehen diese planetaren Wellen auf jeder rotierenden Kugel aufgrund der Coriolis-Kraft. Das Saturn-Sechseck, ein stabiles Wolkenmuster am Nordpol des Ringplaneten, ist möglicherweise ebenfalls Ausdruck dieses Wellenphänomens.
Dass solche Wellen auch auf Sternen auftreten, wurde bereits vor etwa vierzig Jahren vorhergesagt. „Solare Rossby-Wellen haben sehr kleine Amplituden und Perioden von mehreren Monaten, sodass sie extrem schwer zu erkennen sind“, sagt Max-Planck-Direktor Laurent Gizon. Die Studie erforderte deshalb mehrjährige hochpräzise Beobachtungen. Die Wissenschaftler analysierten einen Datensatz der Nasa-Sonde Solar Dynamics Observatory, der sechs Jahre überspannt. „Die Aufnahmen haben eine ausreichend hohe räumliche Auflösung, um die Bewegung der Granulen auf der sichtbaren Oberfläche der Sonne verfolgen zu können“, sagt Max-Planck-Forscher Björn Löptien. Bei den Granulen handelt es sich um vergleichsweise kleine Konvektionszellen, deren Durchmesser auf der Sonnenoberfläche etwa 1500 Kilometer betragen.
Die Forscher verwendeten die Granulen als Indikatoren: Ihre Bewegung zeigt die zugrunde liegenden, viel größeren Wirbelströmungen auf, die mit den Rossby-Wellen verbunden sind. Zusätzlich verwendeten sie Methoden der Helioseismologie, um die Entdeckung zu bestätigen und die Rossby-Wellen im Sonneninnern in Tiefen bis zu 20.000 Kilometern zu untersuchen. „Insgesamt finden wir auf der Sonne große wirbelförmige Wellen, die sich entgegen der Rotation bewegen. Dass sich diese Wellen nur in den äquatorialen Regionen zeigen, ist völlig unerwartet“, sagt Gizon. Die Forscher konnten erstmals den Zusammenhang zwischen Frequenz und Wellenlänge bestimmen und die Wirbel auf diese Weise eindeutig als Rossby-Wellen identifizieren. „Solare Rossby-Wellen sind gigantisch, ihre Wellenlängen vergleichbar mit dem Sonnenradius”, so Gizon. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der inneren Dynamik der Sonne, da sie zur Hälfte der kinetischen Energie der Sonne beitragen.
MPG / JOL