18.07.2019

Rotor aus künstlichem Muskel

Hocheffizienter Mikromotor besteht aus einer verdrillten Kunststofffaser.

Einen hoch­effizienten Mikromotor und zugleich Energie­speicher haben Forscher des Helmholtz-Zentrums Geesthacht und der Université de Bordeaux nun entwickelt. Der Mikromotor besteht aus einer Kunststoff-Mikro­faser, die bei Raum­temperatur steif ist. Erwärmt wird die Faser elastisch und kann verdrillt werden – wie bei einem Modellflugzeug mit Gummiband. Wieder abgekühlt behält die Faser aber anders als Gummi ihren verdrillten Zustand bei; so lange, bis man sie am Einsatzort erneut erwärmt. Die Drehspannung kehrt zurück, das bewegliche Ende beginnt sich zu drehen und der Mikro­faser-Motor kann als Antrieb dienen.

Abb.: In der Polyvinyl­alkohol-Mikro­faser sind Graphenoxid­blättchen...
Abb.: In der Polyvinyl­alkohol-Mikro­faser sind Graphenoxid­blättchen eingelagert. Die Blättchen versteifen die Faser in der Bewegungs­richtung. (Bild: O. Gould, HZG)

Die Forscher erreichten eine hohe Energie­dichte bei der Speicherung, weils sie& den Kunststoff mit winzigen Blättchen aus Graphenoxid versteiften. Jinkai Yuan von der Université de Bordeau erklärt: „In den Experi­menten zeigte sich, dass Graphenoxid den Kohlenstoff-Nanoröhrchen überlegen ist.“ Durch die günstige Orientierung der Nano­blättchen zur Deformations­richtung der Faser und deren eigener Verformung wird mit Graphenoxid ein höheres Drehmoment erreicht.

Andreas Lendlein, Leiter des HZG-Instituts für Biomaterial­forschung in Teltow, sagt: „Die Anzahl der Drehungen, die der Mikro-Fasermotor ausführen kann, und der Temperatur­bereich, in dem diese Bewegung ausgelöst wird, können vorbestimmt werden.“ Die Schalt­temperatur, bis zu der die Dreh­spannung bewahrt wird, kann in weiten Grenzen über die Temperatur festlegt werden, bei der die Faser zuvor verdrillt wurde. Bei dem untersuchten Fasermaterial, dem Polyvinyl­alkohol, hat sich eine Programmier­temperatur von achtzig Grad Celsius als besonders günstig erwiesen. Hier können achtzig Prozent der durch die Verdrillung der Faser pro­grammierten Drehungen wieder abgerufen werden. Für künftige medi­zinische Anwendungen kann man aber auch mit einem Kunststoff arbeiten, der bei Körper­temperatur schaltet.

„Dieses Ergebnis ist ein wichtiger Schritt hin zu vielen Anwendungen – wie Mikro­roboter oder gar autonome Systeme, bei denen die Programmierung beispiels­weise mit Windkraft erfolgen könnte“, so Lendlein. Mit ihrem einfach aufgebauten Motor füllen die beiden Forschergruppen eine Marktlücke. Denn für viele Zwecke ist ein Elektromotor zu schwach, zu groß, zu wenig robust – und er benötigt Strom- und Steuerungskabel. Bei den bisherigen Versuchen mit Fasern waren wiederum Rotations­geschwindigkeit, Drehmoment und Rotations­winkel zu klein. Vor allem aber ließ die gewichts­bezogene Energie­dichte zu wünschen übrig. Beim Mikrofaser-Motor ist sie sechzigmal höher als bei natürlichen Skelett­muskeln.

HZG / JOL

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