06.06.2016

Satellitenkommunikation der Zukunft

Antennensystem überträgt Daten via Satellit mit hoher Band­breite und ist für den mobilen Einsatz ge­eignet.

Bei Naturkatastrophen wie Tsunamis oder Erdbebens werden regel­mäßig auch Strom- und Telefon­leitungen zerstört. Auch der Mobil­funk fällt groß­flächig aus, weil die Masten beschädigt werden. Rettungs­dienste greifen deshalb in Katastrophen­fällen auf eigene Kommu­nikations­technik zurück – meist auf Satelliten­anlagen. Daten oder Telefon­gespräche werden direkt zu einem Satelliten im All und von dort zu Empfangs­stationen auf der Erde geschickt. Damit sind die Rettungs­kräfte von der Kommu­nikations­infra­struktur am Erdboden unab­hängig.

Abb.: Auf dem Teststand der „Facility for Over-the-Air Research and Testing“ des Fraun­hofer IIS werden die ent­wickelten Nach­führ­algo­rithmen der KASYMOSA-Antenne bei unter­schied­lichen Bewegungs­profilen über­prüft. (Bild: Fh.-IIS)

Doch diese Satellitenkommunikation hat bislang Nachteile. So dauert der Aufbau einer kleinen Satelliten­station im Feld einige Zeit. Einmal auf­ge­baut, lässt sie sich dann nicht ohne weiteres bewegen. Darüber hinaus bricht die Verbindung immer wieder ab, wenn viele Daten über­tragen werden müssen oder ein Gewitter stört. Die Satelliten­antenne muss sehr genau auf den Satelliten ausge­richtet werden. Deswegen ist es heute so gut wie unmöglich, in einem fahrenden Auto via Satellit breit­bandig zu kommu­nizieren, weil sich die Antenne durch die Bewegung des Fahrzeugs ständig aus dem Fokus bewegt.

Im Verbundprojekt „Ka-Band Systeme für mobile Satelliten­kommunikation“ – kurz KASYMOSA – haben mehrere Forschungs­ein­richtungen eine Reihe von Techno­logien entwickelt, um die Satelliten­kommunikation für den mobilen Einsatz fit zu machen. Das Fraunhofer-Institut für Inte­grierte Schaltungen in Erlangen ist mit drei Arbeits­gruppen beteiligt. Für die mobile Kommu­nikation müssen die Forscher einige Hürden überwinden. Zunächst geht es darum, die Satelliten­antenne auf einem fahrenden Auto so schnell zu bewegen und nachzu­führen, dass sie den Satelliten stets im Auge behält. Dabei kommt es auf hohe Präzision an: So darf sie sich nur um höchstens 0,2 Grad aus dem Fokus des Satelliten bewegen. Schon das Einsteigen aber bewegt ein Auto deutlich stärker.

Die Forscher haben deshalb für eine Mechanik, die die Antenne präzise und zügig bewegen kann, Algo­rithmen entwickelt. Sie steuern die Bewegung der Antenne exakt so, dass sie eine Richtungs­änderung inner­halb von Sekunden­bruch­teilen kompensiert. Eine klassische Satelliten­antenne mit sechzig Zenti­metern Durch­messer ist auf einem Autodach unprak­tisch. Sie würde das Schwanken verstärken. „Seit einiger Zeit gibt es welt­weit einen Trend zur Entwicklung flacher Satelliten­antennen, den Panel-Antennen“, sagt Projekt­leiter Florian Raschke vom IIS. Sie werden heute bereits in die Außen­haut von Flugzeugen montiert, um Passagieren die Internet­nutzung über Satellit zu ermöglichen. Ein Flugzeug vollführt aber sehr gleich­mäßige Bewegungen und verändert seine Position zum Satelliten relativ langsam. Die Anforderungen an eine solche Antenne sind geringer als an eine für ein Auto, das im Katastrophen­fall möglicher­weise über Feldwege rumpelt.

Internetnutzer sind es heute gewohnt, dass eine Verbindung stabil ist und nicht einfach abreißt, wenn viele Daten über die Leitung fließen. Schaut man einen HD-Film an oder nutzt man Video­tele­fonie, dann verändert sich aller­höchstens das Bild. Es wird gröber, pixeliger, wenn die Daten­leitung stark belastet ist – doch nur selten einmal bricht die Verbindung ganz ab. Der Grund: Die Internet­technik ist heute so aus­gelegt, dass sie eine Anwendung wie den Browser oder Skype so steuern kann, dass sie die Qualität des Bildes reduziert, die Funktio­nalität aber gewahrt bleibt.

Bei der Satellitenkommunikation ist das heute noch anders. Ist die Leitung über­lastet, bricht sie einfach ab. Fernseh­zuschauer erkennen das daran, dass ein Satelliten­bild nicht langsam schlechter wird, sondern bei Gewitter einfach plötzlich weg ist. Mit anderen Worten: Der Satelliten­kommu­nikation fehlt es bislang an einer durch­gehenden Technik, die Verbindungs­qualität wie im Internet regelt und an die aktuelle Auslastung der Daten­leitung anpasst. Die Forscher haben die Daten­ver­arbeitung so verändert, dass sich die Daten­rate in Abhängig­keit von der Situation verändert. Dazu wurde ein spezielles Modem zur Über­tragung der Daten entwickelt.

„Wir erreichen damit sehr hohe Bandbreiten von mehreren Megabit pro Sekunde“, sagt Raschke. „Damit reichen wir natürlich nicht an die Gigabit-Ströme einer festen Daten­leitung heran, aber für die Satelliten­kommu­nikation ist das ein großer Schritt.“ Dank dieser Technik werden Rettungs­kräfte künftig Videos von der Situation vor Ort und Land­karten in kurzer Zeit versenden können, ohne dass die Verbindung abbricht. Und auch Satelliten­telefon­gespräche werden klar und ohne Aussetzer möglich sein. Bislang ist es so, dass einzelne Sende­stationen nur über eine Zentrale, einen Hub, miteinander Verbindung aufnehmen können. Das neu entwickelte Modem aber stellt jetzt direkte Verbin­dungen her. Das trägt nicht zuletzt zur Daten­sicherheit bei, weil Sender und Empfänger direkt miteinander Kontakt aufnehmen und der Daten­strom nicht mehr über den Hub läuft.

Das KASYMOSA-Projekt endet diesen Sommer. Dann wird ein Demonstrator des neuen Kommu­nikations­systems zur Verfügung stehen, der anschließend noch weiter getestet wird. Industrie­partner verschiedener Branchen sind einge­laden, das System in verschiedenen Appli­kationen zu testen und zur Produkt­reife weiter­zuent­wickeln.

FG / RK

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