20.11.2025 • Energie

Vom Solarmodul in die Oberleitung

Energiewende im Bahnstromnetz: Photovoltaikertrag direkt einspeisen durch innovative Wechselrichter.

Die Deutsche Bahn ist der größte Stromverbraucher in Deutschland und betreibt ein eigenes Stromnetz von knapp achttausend Kilometer Länge. Wie dieses für die Einspeisung von Solarstrom genutzt werden kann, untersuchte das Projekt PV4Rail. Das Konsortium unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE entwickelte und testete einen Wechselrichter für die direkte Einspeisung von Photovoltaik-Strom, analysierte das Flächenpotenzial längs der Gleise und führte techno-ökonomische Untersuchungen von Bahnstrom-PV-Anlagen durch. Diese könnten ein wichtiger Baustein der Energiewende werden, wenn regulatorische und marktliche Nachteile ausgeglichen würden.

Photovoltaik-Anlage an einer Bahnstrecke
Photovoltaik-Anlage an einer Bahnstrecke
Quelle: Deutsche Bahn AG, Claus Weber / Fraunhofer-ISE

Am Netz der Deutschen Bahn sind aktuell Erzeu­gungs­anlagen mit einer Leis­tung von etwa zwei Giga­watt instal­liert. Dies sind vor allem kon­ventio­nelle Kraft­werke und Wasser­kraft­werke. Direkt in das Bahn­strom­netz ein­spei­sende PV-Anlagen werden jedoch aktuell in Deutsch­land noch nicht flächen­deckend betrie­ben. „Ein rele­vanter Teil des Energie­bedarfs im Bahn­strom­netz könnte jedoch durch Photo­vol­taik abge­deckt werden, denn das PV-Flächen­poten­zial längs der Bahn­strecken ist um ein Viel­faches höher als die Menge an Energie, die im Bahn­strom­netz gebraucht wird“, erklärt Andreas Hensel, Projekt­leiter PV4Rail am Fraun­hofer ISE. Das Projekt­team hatte bundes­weit geeignete Flächen identi­fiziert und mit detail­lierten Simula­tionen auf ihr Poten­zial hin untersucht. Selbst wenn nur Flächen im Umkreis von zwei Kilo­metern um ein Bahn-Unter­werk einbe­zogen wurden, lag die mög­liche instal­lierbare Nenn­leistung bei 37,6 GWp und der mögliche Strom­ertrag bei 32.920 GWh jähr­lich. Der Strom­bedarf für die Beför­derung der Züge lag 2023 bei zirka 7.500 GWh.

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Katja Maria Engel • 4/2025 • Seite 48

Solarernte auf zwei Seiten

Da das Bahnnetz nicht wie das öffentliche Netz mit einer Frequenz von 50 Hertz, sondern einphasig mit 16,7 Hz betrieben wird, wurde vom Projekt­partner Vensys Elektro­technik ein Zentral­wechsel­richter mit 2 MW entwickelt, der in zwei symme­tri­sche Leistungs­teile von jeweils 1 MW aufgeteilt ist. Im Multi-Megawatt-Labor des Fraun­hofer ISE wurde einer der Leistungs­teile getestet und ein Wirkungsgrad von 96,6 Prozent gemessen – inklusive Eigen­verbrauch für Küh­lung etc. Das Institut entwickelte zudem Rege­lungen für den netz­bil­denden Betrieb der Umrich­ter im Bahn­netz.

Für die Ausführung des Netz­anschlus­ses betrachtete das Team verschie­dene Anschluss­möglich­keiten, je nach Größe der Anlage: während kleinere Anlagen bis 5 MW direkt in die Ober­leitung ein­speisen können, werden Leis­tungen bis 12 MW in Unter­werken über die Sammel­schiene einge­speist. Diese Variante weist hin­sicht­lich der LCoE-Kosten die geringsten Unter­schiede gegen­über 50-Hz-Anlagen auf. Für große Anlagen bis 40 MW muss im Allge­meinen ein eigenes Unter­werk mit Trafo und Schalt­anlage zur Ein­spei­sung ins 110-kV-Bahn­netz errichtet werden.

Bislang beschränken sich in Deutsch­land Bahn­strom-PV-Anlagen auf Pilot­initia­tiven. In Öster­reich wurden bereits mehrere Anlagen mit mehr als 10 MWp Leis­tung am Netz in Betrieb genommen. Die Netz­anschluss­bedingungen bei der ÖBB unter­scheiden sich jedoch von den Anschluss­beding­ungen der Deutschen Bahn. Auf­grund der Anforde­rung an den Betrieb des Bahn­strom­netzes und die Kompati­bilität der Wechsel­richter zur Leit- und Sicherungs­technik können bei der DB nur spannungs­einprägende Wechsel­richter zum Einsatz kommen. Spannungs­einprägendes Verhalten wurde im Projekt von Forschenden am Fraunhofer ISE bereits in der Simulations­umgebung getestet und könnte im Rahmen eines Folge­projekts noch imple­men­tiert werden. [Fh.-ISE / dre]

Anbieter

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Heidenhofstr. 2
79110 Freiburg
Deutschland

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