Mehr Solarstrom an Autobahnen
Kaum genutztes Flächenpotenzial entlang der deutschen Fernverkehrswege.
Im Zuge der Elektrifizierung des Verkehrs wird der Bedarf an Schnellladestationen an den etwa 440 Raststätten und Autohöfen in Deutschland stark steigen. Damit erhöhen sich auch der Energiebedarf und die erforderliche Anschlussleistung dramatisch. Sie liegen schnell im Multi-Megawatt-Bereich. Mit Photovoltaik kann dieser Bedarf anteilig lokal und wirtschaftlich gedeckt werden. Im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen erfassen und bewerten das Unternehmen IP Syscon und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE nun das vorhandene und bisher kaum für Photovoltaik genutzte Flächenpotenzial entlang der deutschen Fernverkehrswege. Die Daten des Projekts „Potenziale für Photovoltaik an Bundesfernstraßen“ sollen eine niederschwellige und kosteneffiziente Erschließung dieses Potenzials ermöglichen.
Da der Ladevorgang eines E-Fahrzeugs länger als konventionellen Tanken dauert, werden künftig mehr Schnellladesäulen als bisher Tanksäulen notwendig sein. Für den Schwerlastverkehr wird aktuell zudem am nächsten Standard gearbeitet. Dieser soll höhere Leistungen, bis hin zu drei Megawatt pro Ladesäule, bieten. „Diesen hohen Bedarf so weit wie möglich lokal zu decken, macht energetisch und wirtschaftlich Sinn, da mit der Direktvermarktung des PV-Ertrags deutlich höhere Erlöse erzielt werden können als durch die Einspeisevergütung. Daher sollten an Orten mit einem hohen Verbrauch auch weitere Flächenpotenziale als nur die Dachflächen betrachtet werden“, so Andreas Hensel, Gruppenleiter Hochleistungselektronik und Systemtechnik am Fraunhofer ISE. Während die durchschnittliche Einspeisevergütung für PV-Anlagen, die 2020 ans Netz gingen, bei 6,18 Cent/kWh lag, liegt der Preis bei Standardtarifen öffentlicher Ladesäulen bei 45-55 Cent/kWh. Der Eigenverbrauch oder auch die Direktvermarktung des Stroms spielt daher eine immer größere Rolle für die wirtschaftliche Errichtung und den Betrieb dieser Anlagen.
Die Studie betrachtet verschiedene Möglichkeiten, Photovoltaik zu integrieren: Lärmschutzwände/-wälle, Salzhallen/Autobahnmeistereigebäude, Raststätten und Autohöfe, Freiflächen entlang des Seitenstreifens oder Überdachungen von Parkplätzen. „Da das PV-Potenzial der definierten Flächen und Bauwerke entlang der Fernstraßen auf Grundlage hochaufgelöster Oberflächendaten ermittelt wird, stellen wir der Bundesanstalt für Straßenwesen mit dem Kataster eine sehr genaue Planungsgrundlage zur Verfügung“, berichtet Dorothea Ludwig, Bereichsleiterin im Team Energie und Klima von Ip Syscon. Für Lärmschutzwände wird das PV-Potenzial durch Nachrüstung in einem Oberflächenmodell simuliert.
Neben der reinen Flächenanalyse sollen in dem Projekt auch die Bedingungen für die Wirtschaftlichkeit analysiert werden, wie etwa die spezifischen Anlagenkosten, Verwertungsmöglichkeiten des Stroms oder die Verfügbarkeit eines Netzanschlusspunkts. Im Ergebnis soll das heute wirtschaftlich erschließbare Photovoltaik-Potenzial entlang von Fernstraßen räumlich konkret beziffert und unter Berücksichtigung von Netzanschlusspunkten und rechtlichen Rahmenbedingungen bewertet werden.
Fh.-ISE / JOL