Forscher vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) haben einen neuen Weg gefunden, in der Magnetresonanz-Tomografie (MRT) qualitativ hochwertige Bilder zu gewinnen. Dabei wird viel weniger Kontrastmittel benötigt als heutzutage üblich. Möglich macht dies der Einsatz einer „elastischen“ Proteinstruktur, die gelöstes Xenon selbstregulierend aufnehmen kann: Je mehr dieses Edelgases zur Bildgebung eingesetzt wird, umso besser ist die Qualität der Aufnahme, ohne dass man wie sonst die Menge des eingesetzten Kontrastmittels anpassen müsste.
Abb.: Eine neue Art von MRT-Kontrastmittel füllt sich selber mit Xenon nach dem idealen Gasgesetz und sorgt so für verbesserten Kontrast. (Bild: B. van Rossum)
Die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) ist eine unverzichtbare Methode, um Krankheiten zu diagnostizieren und Therapieverläufe zu überwachen. Sie erzeugt Schnittbilder des menschlichen Körpers, ohne schädigende Strahlung zu benutzen. Dabei werden typischerweise die Wassermoleküle des Gewebes einem starken Magnetfeld ausgesetzt. Allerdings ist die MRT sehr unempfindlich und braucht eine hohe Konzentration an Molekülen, um ein verwertbares Signal zu erhalten. Zur Verbesserung der Diagnostik werden oft Kontrastmittel eingesetzt, um bestimmte Veränderungen wie etwa Tumoren besser aufspüren zu können. Doch auch durch diese Kontrastmittel lässt sich die Empfindlichkeit der MRT nicht wesentlich steigern, und viele aus der Zellbiologie bekannte Marker können in der Bildgebung nicht aufgespürt werden.
Zudem wird über die Sicherheit bestimmter Kontrastmittel, die das Element Gadolinium enthalten, aktuell zunehmend diskutiert. „Wir brauchen neue, verbesserte Verfahren, bei denen möglichst wenig Kontrastmittel möglichst viel der Signal-gebenden Substanz – das ist typischerweise Wasser – beeinflusst“, sagt FMP-Forscher Leif Schröder. Ihm und seinem Team ist dabei jetzt ein wichtiger Durchbruch gelungen.
Die Forscher arbeiten seit einiger Zeit daran, Kontrastmittel basierend auf dem harmlosen Edelgas Xenon zu entwickeln. Die Gruppe benutzt hierzu ein Verfahren mit starken Lasern, bei dem das Xenon künstlich magnetisiert wird und dann bereits in geringen Mengen messbare Signale erzeugt. Um nun bestimmte zelluläre Krankheitsmarker aufzuspüren, muss das Xenon kurzzeitig an diese gebunden werden. In einer durch das Human Frontiers Science Program (HFSP) geförderten Kooperation mit Wissenschaftlern des California Institute of Technology (Caltech) hat das Team um Leif Schröder nun eine neue Klasse von Kontrastmitteln erforscht, die das Xenon reversibel binden.
Hierbei handelt es sich um hohle Proteinstrukturen, die von bestimmten Bakterien hergestellt werden, um damit ihre Schwebetiefe im Wasser zu regulieren – ähnlich einer miniaturisierten Schwimmblase bei Fischen auf der Nanometer-Skala. Die Forschungsgruppe um Mikhail Shapiro am Caltech hatte diese Gas-Vesikel vor einiger Zeit als MR-Kontrastmittel eingeführt. Allerdings war bislang nicht bekannt, wie gut sie mit Xenon „beladen“ werden können.
In der neuen Studie beschreiben beide Gruppen nun, dass diese Vesikel ein ideales Kontrastmittel sind: Sie können ihren Einfluss auf das gemessene Xenon „elastisch“ anpassen. „Die Proteinstrukturen weisen eine poröse Wandstruktur auf, durch die das Xenon ein- und ausströmen kann. Dabei nehmen die Gas-Vesikel im Gegensatz zu herkömmlichen Kontrastmitteln stets einen festen Anteil des Xenons auf, das in der Umgebung bereitgestellt wird, also auch größere Mengen“, berichtet Schröder. Diese Eigenschaft lässt sich in der MRT-Diagnostik zunutze machen, denn um bessere Bilder zu bekommen, muss man mehr Xenon einsetzen. Bei einem herkömmlichen Kontrastmittel müsste man auch dessen Konzentration anpassen, um weiterhin eine Signalveränderung für alle Xenon-Atome zu erreichen.
Die Gas-Vesikel hingegen füllen sich automatisch mit mehr Xenon, wenn dieses in der Umgebung angeboten wird. „Sie fungieren wie eine Art Ballon, an dem außen eine Pumpe hängt. Wird der Ballon ‚aufgepumpt‘, indem Xenon-Atome in das Gas-Vesikel einströmen, ändert sich seine Größe nicht, aber der Druck steigt – ähnlich wie bei einem Fahrradschlauch“, erläutert Schröder.
Dadurch, dass viel mehr Xenon in die Vesikel hineinpasst als bei herkömmlichen Kontrastmitteln, können die Xenon-Atome anschließend – wenn sie wieder hinausgeströmt sind und ein verändertes Signal aufweisen – auch viel besser ausgelesen werden. So wird der Bildkontrast gegenüber dem Hintergrundrauschen um ein Vielfaches besser, die Qualität der Aufnahme steigert sich deutlich. Diese Kontrastmittel lassen sich deshalb auch zur Sichtbarmachung von Krankheitsmarkern einsetzen, die in verhältnismäßig geringen Konzentrationen vorkommen.
Im weiteren Verlauf der Kooperation wollen die beiden Gruppen diese Kontrastmittel in ersten Tierstudien testen. Das neu entdeckte Verhalten wird dabei ein entscheidender Vorteil sein, um diese sehr sensitiven Kontrastmittel auch im lebenden Gewebe einzusetzen. Leif Schröder und sein Team konnten erste MRT-Aufnahmen mit Partikel-Konzentrationen durchführen, die eine Million Mal geringer ist als die von aktuell üblichen Kontrastmitteln.
FMP / DE