Schaltbare optische Metaflächen aus Phasenwechselmaterial
Laserpulse verursachen reversiblen Wechsel zwischen amorpher und kristalliner Phase mit variablem Brechungsindex.
Kein Objektiv kommt ohne filigrane Mikromechanik aus, um seinen Fokus zu verändern. Auch Wärme, UV-Licht, Strompulse und Magnetfelder können die optischen Eigenschaften von Materialien gezielt ändern. Auf eine neue Methode für eine bessere Kontrolle von Transparenz und Brechungsindex setzt eine Forschergruppe an der University of Southampton in Großbritannien. Das Team verwendet ein Phasenwechselmaterial, das sich mit kurzen Femtosekunden-Pulsen bei sehr hoher räumlicher Auflösung kontrolliert zwischen amorpher und kristalliner Phase schalten lässt. Mit dieser Methode realisierten die Forscher zahlreiche optische Komponenten von einer Fresnel-Linse über Hologramme bis hin zu schaltbaren Metamaterialien.
Abb.: Mit Laserpulsen kann ein Phasenwechselmaterial zwischen amorpher und kristalliner Phase mit jeweils unterschiedlichen optischen Eigenschaften geschaltet werden. (Bild: E. Rogers et al., U. Southampton)
„Wir haben eine neue und flexible Plattform entwickelt, um neue optische Komponenten zu kreieren“, sagt Edward Rogers. Zusammen mit Kollegen der Nanyang Technical University in Singapur nutzten er und sein Team als Phasenwechselmaterial eine Chalcogenid-Verbindung aus Germanium, Antimon und Tellur (GST), das für nichtflüchtige elektronische Datenspeicher genutzt wird. Auch in wiederbeschreibaren DVDs wird diese Legierung verwandt. Das Material deponierten sie – kombiniert mit dünnen Schutzschichten aus Zinksulfid und Siliziumdioxid – mit einem Sputterverfahren mit einer Dicke von siebzig Nanometern auf einem hochreinen Glasträger.
Die GST-Schicht heizten die Forscher auf eine Temperatur zwischen der Glasübergangstemperatur (373 K) und Schmelzpunkt (900 K) auf, um es vom amorphen in einen metastabilen kubisch-kristallinen Zustand zu überführen. Mit extrem kurzen Laserpulsen (85 Femtosekunden, 730 nm Wellenlänge) konnten sie den kristallinen Zustand punktuell wieder in die amorphe Phase umbilden. Beide Phasen unterschieden sie signifikant in ihren dielektrischen Eigenschaften. Die kurzen Laserpulse waren ebenso geeignet, eine GST-Schicht aus einer semikristallinen Phase sowohl in den kristallinen als auch zurück in den amorphen Zustand zu schalten. Mit starker Fokussierung des Lasers konnten so sehr kleine Volumen von einem fünfzigstel Kubikmikrometer kontrolliert verändert werden.
Abb.: Abhängig vom Muster konzentrischer Kreise aus kleinen kristallinen Materialabschnitte in einem amorphen Umfeld lassen sich die optischen Eigenschaften einer Fresnel-Linse verändern. (Bild: E. Rogers et al., U. Southampton)
Dank dieser Vielfalt legten Rogers und Kollegen die Grundlage, um eine gewünschte Phase mit hoher räumlicher Auflösung in die GST-Legierung schreiben und auch wieder löschen zu können. Als erste Demonstration variabler optischer Eigenschaften strukturierten sie eine GST-Schicht mit symmetrischen Ringen aus transparenten und milchigen Phasen zu einer Fresnel-Linse. Über wiederholte Schreibprozesse konnten sie die numerische Apertur zwischen 0,9 und 0,95 variieren. Über mehrere verschiedene Phasenzustände der Phasenwechsellegierung ließen sich auch verschiedene Graustufen erzeugen, über die sich ein Hologramm mit 71 Mikrometer Kantenlänge per Laser in das Material bannen ließ.
Anspruchsvoller gestaltete sich die Fertigung einer Fresnel-Struktur, die Licht verschiedener Wellenlänge fokussieren konnte. Auch dazu genügte die räumliche Auflösung des Laserschreibverfahrens, um teils reflektierende, teils durchsichtige Pixel in die GST-Legierung zu schreiben. Da sich der Brechungsindex zwischen amorpher und kristalliner Phase deutlich voneinander unterscheidet, nutzten die Forscher ihre Methode für die Strukturierung eines dielektrischen Metamaterials, das eine Resonanz im nahen Infrarotbereich zeigte. Je nach Form eines zweidimensionalen Muster ausgerichteter, kristalliner Bereiche umgeben von einem amorphen Film ließ sich die Resonanzfrequenz auch wunschgemäß innerhalb des IR-Spektralbereichs verändern.
Mit dieser Anwendung eines erprobten Phasenwechselmaterials eröffnen die Wissenschaftler einen neuen Weg, um optische Module und sogar Metamaterialien günstig und schnell angepasst an die Wunschbedingungen fertigen zu können. In weiteren Versuchen könnten auch die per Laser geschalteten Materialbereiche weiter schrumpfen, um auch Metamaterialien für den sichtbaren Spektralbereich zu erschaffen. Rogers und Kollegen sind davon überzeugt, dass sich damit interessante Möglichkeiten in der Nanophotonik oder auch für stark komprimierte optische Datenspeicher ergeben.
Jan Oliver Löfken
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RK