Schalten plasmonischer Pixel
Analyse der Schaltprozesse ebnet Weg zu völlig neuartigen, extrem hochauflösenden Displays.
Filme und Fotos mit immer höheren Auflösungen und besserem Kontrast erlauben heute lebensnahe Eindrücke und virtuelle Welten. Die aktuellen Display- und Projektionstechnologien können dieses Potential jedoch noch nicht ausschöpfen, da ihre individuellen Pixel zu groß sind und sie daher die erforderlichen Auflösungen nicht erreichen. Physikern der Universität Stuttgart ist es nun erstmals gelungen, Schaltprozesse mit bisher unerreichter Nanometerauflösung zu vermessen und so die Grundlage für völlig neuartige, ultrahochauflösende Displays zu schaffen.
Wie man die Pixel-Größe reduzieren und die Auflösungen erhöhen kann, wird auf der ganzen Welt intensiv erforscht. Ein besonders aussichtsreicher Ansatz findet sich im Bereich der Nanoplasmonik. Dabei werden die optischen Streueigenschaften nanometer-großer metallischer Partikel genutzt – also deren Fähigkeit, brillante und reine Farben zu erzeugen. Durch einfache Größenvariationen solcher Partikel können Farben im gesamten sichtbaren Spektrum und darüber hinaus erzeugt werden. Diese gestreuten Farben können sogar manipuliert und gesteuert werden, indem man Phasenübergangsmaterialien nutzt. Kombiniert man diese Ideen, lassen sich plasmonische Pixel von Nanometergröße realisieren, deren Farben ein- und ausgeschaltet werden können.
Das hierfür vermutlich vielversprechendste Phasenübergangsmaterial ist Magnesium. Dieses auf der Erde in großen Mengen vorkommende Metall kann mit Hilfe von Wasserstoff zu einem dielektrischen Isolator geschaltet werden, also von einem farbig erscheinenden zu einem durchsichtigen Partikel. Dieser extreme optische Materialkontrast macht Magnesium zu einem idealen Kandidaten für optisch aktive und schaltbare Systeme wie dynamische Holographie, plasmonische Farbdisplays oder schaltbare Metamaterialien.
Bisher wird die Nutzung von Magnesium in technologischen Anwendungen jedoch dadurch behindert, dass man die Prozesse auf der Nanoskala noch nicht versteht. Am Phasenübergang vom metallischen Magnesium zu dielektrischem Magnesiumhydrid kommt es nämlich zu einer starken Ausdehnung des Volumens und zur Ausbildung von Diffusionsbarrieren. Dies sind Regionen, die das weitere Schalten behindern, verlangsamen oder sogar unterbinden. Die Forscher um Harald Gießen konnten nun den Einfluss der nanoskaligen Morphologie auf den Schaltprozess detailliert analysieren und erklären. Dabei verwendeten sie freitragende Magnesiumfilme in Kombination mit Raster-Nahfeld Mikroskopie, um die Wasserstoff-Diffusionsprozesse in Echtzeit abzubilden. Die Messungen mit Nanometer-Auflösung zeigen einen starken Einfluss der Material-Morphologie auf den optischen Schaltmechanismus und zeigen Strategien auf, um die Materialeigenschaften signifikant zu verbessern.
„Wir sind davon überzeugt, dass die veröffentlichte Arbeit einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung hochleistungsfähiger optischer Bauelemente mit nanometergroßen Pixeln leisten wird“, sagt Gießen. Er sieht darüber hinaus weitere wichtige Implikationen, da Magnesium als Wasserstoffspeicher genutzt wird. Die Speichereffizienz dieser Medien wird vom tieferen Verständnis der Diffusionsprozesse auf der Nanometerskala profitieren können. Damit könnten Visionen wie 3D-holographische VR-Brillen schon in wenigen Jahren Wirklichkeit werden.
U. Stuttgart / JOL