23.08.2024

Schlummernde Reserve in Lithium-Ionen-Akkus

Ursache für bisher ungeklärte Kapazitätsverluste gefunden.

Lithium-Eisenphosphat zählt zu den wichtigsten Materialien für Batterien von E-Autos, stationären Stromspeichern oder Werkzeugen. Es ist langlebig, vergleichsweise günstig und neigt nicht zur Selbst­entzündung. Auch die Energiedichte macht Fortschritte. Die Fachwelt rätselt allerdings nach wie vor, warum Lithium-Eisen­phosphat-Akkus ihre theoretische Stromspeicher­kapazität in der Praxis um bis zu 25 Prozent unterbieten. Um diese schlummernde Kapazitäts­reserve zu nutzen, wäre die genaue Kenntnis darüber entscheidend, wo und wie sich Lithium-Ionen während der Lade- und Entlade­zyklen im Batterie­material einlagern und wieder heraus­lösen. Forschenden der TU Graz ist nun ein wesent­licher Schritt dazu gelungen.

Abb.: Daniel Knez hält eine Probe des Batteriematerials mit einer Pinzette. Im...
Abb.: Daniel Knez hält eine Probe des Batteriematerials mit einer Pinzette. Im Hintergrund (v.l.) Werner Grogger, Nikola Šimić, Anna Jodlbauer und Gerald Kothleitner.
Quelle: H. Lunghammer, TU Graz

Bei Untersuchungen mit Transmissions­elektronen­mikroskopen konnten sie die Lithium-Ionen auf ihrem Weg durch das Batterie­material systematisch verfolgen, ihre Anordnung im Kristall­gitter einer Eisenphosphat-Kathode mit noch nie dagewesener Auflösung abbilden und ihre Verteilung im Kristall genau quantifizieren. „Unsere Unter­suchungen haben gezeigt, dass auch bei vollständigem Laden der Testbatteriezellen Lithium-Ionen im Kristallgitter der Kathode zurückbleiben, anstatt zur Anode zu wandern. Diese immobilen Ionen kosten Kapazität“, sagt Daniel Knez vom Institut für Elektronen­mikroskopie und Nanoanalytik. Die immobilen Lithium-Ionen sind ungleich­mäßig in der Kathode verteilt. 

Den Forschenden ist es gelungen, diese unterschiedlich stark mit Lithium angereicherten Bereiche genau zu bestimmen und bis auf wenige Nanometer voneinander abzugrenzen. In den Übergangs­bereichen fanden sich Verzerrungen und Ver­formungen im Kristall­gitter der Kathode. „Diese Details liefern wichtige Hinweise auf physikalische Effekte, die der Batterie­effizienz bislang entgegen­wirken und die wir bei der Weiterentwicklung der Materialien berücksichtigen können“, sagt Ilie Hanzu vom Institut für Chemie und Technologie von Materialien, der an der Untersuchung eng beteiligt war.

Für ihre Untersuchungen haben die Forschenden Materialproben aus den Elektroden ge- und entladener Akkus heraus­präpariert und unter anderem am atomar auflösenden ASTEM-Mikroskop der TU Graz untersucht. Dabei kombinierten sie Elektronen­energieverlust­spektroskopie mit Messungen zur Elektronen­beugung und Bildgebung auf atomarer Ebene. „Durch die Kombination verschiedener Untersuchungs­methoden konnten wir bestimmen, wo das Lithium in den Kristallkanälen positioniert ist und auf welchen Wegen es dort hingelangt“, erläutert Nikola Šimić vom Institut für Elektronen­mikroskopie und Nanoanalytik. „Die von uns entwickelten Methoden und die gewonnen Erkenntnisse zur Ionen­diffusion lassen sich mit nur geringen Anpassungen auch auf andere Batterie­materialien übertragen, um sie noch präziser zu charak­terisieren und weiter­zuentwickeln.“

TU Graz  / JOL

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