28.04.2017

Schneekugeln und andere hydrodynamische Besonderheiten

Numerische Simulationen lösen das Stokessche Paradoxon.

Schneekugeln: Schüttelt man sie, kommen alle Teil­chen in Bewe­gung und es schneit Flöck­chen. Was Kinder­augen zum Leuchten bringt, blieb jedoch lange für Wissen­schaftler ein unlös­bares Rätsel, denn für manche Teil­chen, wie beispiels­weise zylinder­förmige, gab es keine befrie­digende mathe­matische Lösung. Irrele­vant ist das Problem jedoch nicht, denn diese Art hydro­dyna­mischer Probleme findet man auch in der Klima­forschung. Jetzt haben Forscher des MPI für marine Mikro­biologie in Bremen mehr Licht in das als Stokes­sches Para­doxon bekannte Problem gebracht und es numerisch mit aus­reichender Genauig­keit gelöst.

Abb.: Eine Schneekugel. Die Bewegungen der kleinen Flocken in diesem Spiel­zeug sind nur schwer mit mathe­matischen Gleichungen zu erfassen, insbe­sondere der­jenigen, die zylinder­förmig sind. (Bild: M. Schlösser, MPIMB)

Physiker, Klimaforscher und Ingenieure interessiert die Frage, wie sich Teil­chen in einer Wasser­säule bewegen. Die Partikel können kugel­förmig oder zylin­drisch sein. Für eine umströmte Kugel hat der britische Mathe­matiker und Physiker Sir George Gabriel Stokes schon im 19. Jahr­hundert die Lösungen gefunden. Über­raschender­weise hatte er keinen Erfolg bei der Lösung der Umströ­mung eines zylin­drischen Fest­körpers. Und das, obwohl sich dieser mathe­matisch leichter als kugel­förmige Objekte beschreiben lässt. Schließ­lich gab Stokes auf und erklärte das Problem für unlös­bar. Genera­tionen von Forschern nach ihm haben sich an der Lösung versucht, bis­lang erreichten sie aber nur Nähe­rungen, die stark vonein­ander abwichen. Eine Lösung des Stokes­schen Para­doxons schien nicht in Sicht.

Abb.: Eine Grünalge hat eine zylin­drische Geo­metrie. Mit der Photo­synthese fixiert sie Kohlen­stoff. Wie sie während ihrer Abwärts­bewegung mit ihrer Umwelt inter­agiert, konnten Mathe­matiker bislang nicht korrekt beschreiben. (Bild: Wolnik, MPIMB)

Jetzt präsentieren Arzhang Khalili und Bo Liu vom MPI für marine Mikro­biologie eine Lösung des Problems. Ausgangs­punkt ihrer Forschung ist die Sedimen­tation von abge­storbenen Mikro­orga­nismen zum Meeres­grund. Wie schnell das geschieht, interes­siert auch Klima­forscher, denn die Kleinst­lebe­wesen ent­halten gebun­denen Kohlen­stoff, den mikro­skopische Algen zuvor mit Hilfe der Photo­synthese herge­stellt haben. Das Kohlen­dioxid dafür stammt aus der Atmo­sphäre.

„Mit unserem neuen Ansatz lassen sich die Kohlen­stoff­bilanzen besser berechnen“, sagt Khalili, auch. „Als wir die bereits existie­renden Näherungs­lösungen für den Wider­stands­beiwert umströmter Zylinder mit unter­schied­lichen experi­men­tellen Daten aus der Lite­ratur verglichen haben, konnten wir keine zufrieden­stellende Über­ein­stimmung fest­stellen. Erst unsere auf­wändigen nume­rischen Computer­simula­tionen führten zum Erfolg.“

Und bei den Schneekugeln? An ihnen kann man sich auch ohne Mathematik erfreuen.

MPIMB / RK

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