08.09.2017

Schottische Differentialrechnung

Wer verteidigte die Differentialrechnung gegen philosophische Angriffe aus der Kirche? Diese Frage stellt das neue Rätsel von Physik in unserer Zeit. Auf die Gewinner warten drei Buchpreise.

Schon sein Name verrät eindeutig seine Herkunft: Schottland. Dort wächst er im verregneten Südwesten auf, im kargen Binnenland, zwischen einer Handvoll Häusern und einer kleinen Kirche. Das Leben ist damals unvergleichlich härter als heute: keine Autos, keine Ananas in Dosen, keine Antibiotika. Der Vater, ein Gemeindediener, stirbt, als sein Sohn sechs Wochen alt ist. Die Mutter folgt ihm neun Jahre später ins Grab.

So verbringt der Junge seine Jugend bei einem Onkel. Der ermöglicht ihm ein Studium in Glasgow – natürlich als Eintritt in den höheren Kirchendienst, was in der rauen Gegend ein geregeltes Auskommen verspricht. Doch dann kommt alles anders.

Denn der Gesuchte liest Euklid und verliebt sich in dessen Elemente. Er richtet sein Interesse fortan auf Physik und Mathematik. Nach vier Jahren promoviert er als Jugendlicher über die „Kraft der Gravitation“, ein Thema, das erst etwa zehn Jahre vor seiner Geburt aufgekommen war. Mit 19 Jahren wird er Professor in Aberdeen und lernt so den Kollegen persönlich kennen, der mit seiner Gravitationsbeschreibung die Basis für seine Dissertation gelegt hat. Mehr noch: Er freundet sich mit diesem Giganten des Faches an. Und beginnt anschließend durch Europa zu reisen.

Nach seiner Rückkehr lässt er sich in Edinburgh nieder, wo er als Professor für Mathematik die Fachwelt aus der zweiten Reihe regiert und seine berühmte „Abhandlung über Fluxionen“ schreibt. In ihr stellt er das ungemein nützliche mathematische Werkzeug dar, das heute nach ihm benannt ist und in Physik und Astronomie immer noch täglich Anwendung findet. Die Idee: Statt eine Funktion direkt auszuwerten, entwickelt man sie als unendliche Reihe, deren Koeffizienten vor allem von den Ableitungen der Funktion an der Stelle Null bestimmt werden. Völlig korrekt verweist der Mathematiker jedoch darauf, dass diese Idee schon anderen aufgefallen ist. Eigentlich verfolgt er mit dem Buch ohnedies einen anderen Zweck: Es soll die Differentialrechnung gegen philosophische Angriffe aus der Kirche verteidigen. Tatsächlich bringt es nicht nur die Gegner zum Nachdenken, sondern wird auch zur Grundlage für Himmelsmechanik und Physik der folgenden Jahre in ganz Europa.

In dieser Disziplin werden immer härtere Probleme angegangen. In gewissem Sinne kämpft der Gesuchte mit dem Fluch der späten Geburt: Er ist einige Jahre zu spät, um die mathematischen und physikalischen Goldnuggets von der Straße lesen zu können. Als die französische Akademie der Wissenschaften einen Preis für die mathematische Beschreibung der Gezeiten ausschreibt, ist er europaweit einer von vier, die eine wackelige Lösung anbieten. Aus heutiger Sicht ist es ein hoffnungsloses Unterfangen, das Problem mit den damaligen Methoden zu lösen, doch er gewinnt den Preis der Akademie.

Sein Lebensende fällt in Zeiten kriegerischer Wirren. Schottische Unabhängigkeitskämpfer stürmen Edinburgh und treiben ihn in die Flucht. Ein Sturz vom Pferd leitet sein frühes Ende ein.

Andreas Loos, Berlin

Wer war der schottische Mathematiker und Physiker? Schreiben Sie die Lösung auf eine Postkarte an: Physik in unserer Zeit, Wiley-VCH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, oder per Email an: thomas@buehrke.com. Absender bitte nicht vergessen! Einsendeschluss ist der 15.10.2017. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wir verlosen drei Exemplare des Buches Physik ohne Ende von Jörg Hüfner und Rudolf Löhken.

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