18.11.2016

Schrauben aus Licht

Forscher stellen neue Rekorde mit verdrehten Licht­teilchen auf.

Immer wieder überraschen neue Eigenschaften von Licht die For­schungs­welt. So kann man Licht in eine korken­zieher­artige Form bringen, um „Schrauben aus Licht“ zu erzeugen, wie es Anton Zeilinger von der Uni Wien nennt. Das Erstaun­liche dabei ist, dass man jedem einzelnen Photon eine beliebige Anzahl an Windungen auf­prägen kann. Je größer die Anzahl an Windungen, desto größer die ist Quanten­zahl, mit der man das Photon beschreibt. Diese Eigen­schaft haben sich nun die Wissen­schaftler der Uni Wien und des Instituts für Quanten­optik und Quanten­infor­mation Wien zunutze gemacht und bis­herige Rekorde bezüg­lich der Über­tragungs­distanz sowie Größe der Quanten­zahl gebrochen.

Abb.: Eine Lichtschraube auf dem 143 Kilometer langen Weg zwischen La Palma und Tene­riffa. (Bild: U. Wien)

Lichtschrauben können im Prinzip beliebig viel Information pro Photon ent­halten. So wurden unter Labor­bedin­gungen bereits Daten­raten von bis zu hundert Tera­bit pro Sekunde erreicht. Die Über­tragung in realis­tischen Szena­rien steckt hin­gegen noch in den Kinder­schuhen. Neben der Über­tragung über kurze Distanzen in spezi­ellen Glas­fasern konnten über freie Weg­strecken – benötigt etwa zur Satel­liten­kommu­ni­kation – bisher nur drei Kilo­meter zurück­gelegt werden.

In der aktuellen Studie zeigen die Forscher um Zeilinger und Mario Krenn, dass in Licht­schrauben kodierte Infor­mation selbst nach über hundert Kilo­metern noch immer rekon­struiert werden kann. Das Experi­ment fand zwischen La Palma und dem 143 Kilo­meter ent­fernten Tene­riffa statt. „Die Nach­richt ‚Hello World!‘ wurde mit­hilfe eines optischen Holo­gramms auf einen grünen Laser aufge­prägt und auf der anderen Insel mit­hilfe eines neuronalen Netzes ent­schlüs­selt“, erklärt Krenn. Nach­dem damit gezeigt wurde, dass diese Licht­eigen­schaften im Prinzip über große Distanzen erhalten bleiben, müssen sie mit modernen Kommu­ni­kations­techno­logien verbunden werden – woran bereits mehrere Gruppen welt­weit arbeiten.

Im zweiten Experiment gingen die Forscher in Zusammen­arbeit mit einer Gruppe aus Austra­lien der Frage auf den Grund, wie stark sich einzelne Photonen schrauben­artig ver­drehen lassen, ohne ein­deutige Quanten­eigen­schaften zu ver­lieren. Stimmt die Quanten­physik also auch im Limit der großen Quanten­zahlen oder über­nimmt dann wieder die klas­sische Physik das Ruder? Die Wissen­schaftler nutzten hierfür eine neue Technik, spirale Pha­sen­­spiegel, mit welchen sich noch nie da gewesene Ver­dre­hungen und somit riesige Quanten­zahlen erreichen lassen. Die speziell für das Experi­ment herge­stellten Spiegel erzeugen Licht­schrauben mit einer Quanten­zahl von über 10.000 und sind damit hundert­mal Mal stärker ver­dreht als in früheren Experi­menten.

Im Experiment erzeugten die Forscher zunächst verschränkte Photonen­paare. Anschlie­ßend ver­drehten sie eines der Teil­chen mit Hilfe der Spiegel ohne die Ver­schrän­kung zu zer­stören und zeigten damit, dass die Quanten­physik auch im Bereich der fünf­stelligen Quanten­zahlen die rich­tigen Vor­her­sagen liefert. Obwohl das grund­legende Inte­resse zunächst im Vorder­grund stand, seien zukünf­tige Anwen­dungen im Bereich der Kommu­ni­kations- und Infor­mations­techno­logie nicht aus­ge­schlossen, so die Forscher.

U. Wien / RK

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen