28.08.2024

Schub für die Quantenoptik

Innovationszentrum InQuoSens geht in Jena und Ilmenau in seine zweite Phase.

Das Innovations­zentrum für Quantenoptik und Sensorik InQuoSens, das an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und an der Technischen Universität Ilmenau angesiedelt ist, konnte sich diese Woche über weitere Förder­mittel in Höhe von mehr als 6,26 Millionen Euro für viereinhalb Jahre freuen. Damit kann das Innovations­zentrum Zukunfts­technologien an der Schnittstelle von Photonik und Sensorik weiterentwickeln, die Quanten­phänomene nutzbar machen sollen, innovative Anwendungen entwickeln und neue Zukunfts­märkte erschließen. Das Innovations­zentrum InQuoSens war 2017 gegründet worden.

Abb.: Der Doktorand Katsuya Tanaka arbeitet im InquoSens Quantum Lab an neuen...
Abb.: Der Doktorand Katsuya Tanaka arbeitet im InquoSens Quantum Lab an neuen photonischen Anwendungen.
Quelle: J. Meyer, U. Jena

Bei der Übergabe der Fördermittel­bescheide an die TU Ilmenau und die Friedrich-Schiller-Universität Jena sagte Minister Wolfgang Tiefensee, der Freistaat solle zu einem europaweit führenden Standort für Quanten­technologien werden: „Thüringen hat das Potenzial der Quanten­technologien früh erkannt und investiert seit mehreren Jahren strategisch in den Auf- und Ausbau seiner Kompetenzen.“ Einschließlich schon laufender Projekte fließen bis Ende 2024 allein vom Land rund 35 Millionen Euro Förderung in die Quanten­forschung – darunter an das InQuoSens in Jena und Ilmenau, aber beispielsweise auch an das 2020 in Erfurt eröffnete Quanten­applikationslabor.

Hinzu kommen aktuell laufende Bundesprojekte im Umfang von rund sechzig Millionen Euro, etwa im Bereich der Quanten­kommunikation. „Mit InQuoSens II und der stärkeren Fokussierung auf die Q-PICs-Technologie – das sind innovative quanten­photonische integrierte Schaltkreise – gehen wir nun den nächsten wichtigen Schritt in Richtung eines national bedeutenden Forschungs- und Produktions­standorts für Quanten­technologien. Unser Anspruch muss es sein, dass sich Thüringen in diesem wichtigen Zukunftsfeld auch überregional sichtbar positioniert“, so Tiefensee. 

Obwohl manche Quantenphänomene seit über 100 Jahren bekannt sind, nutzen wir heute nur wenige als Basis für moderne Technik, etwa Mikrochips oder das Breitband-Internet: Quanten­technologien der ersten Generation. Andere Eigenschaften von Quanten wie die Verschränkung werden im InQuoSens-Zentrum nun für vollkommen neue technische Lösungen in der Makrowelt genutzt. Im Innovations­zentrum für Quantenoptik und Sensorik arbeiten das Abbe Center of Photonics der Universität Jena und das Institut für Mikro- und Nano­technologien MacroNano der TU Ilmenau Hand in Hand: Während die Jenaer Natur­wissenschaftler stärker die material­wissenschaftlichen und quante­nphysikalischen Zusammenhänge studieren, liegt der Schwerpunkt für die Ilmenauer Ingenieur­wissenschaftler in der anwendungs­orientierten Integration von Bauelementen und Strukturen. Die Zusammenarbeit beider techno­logisch komplementär aufgestellten Forschungs­zentren ermöglicht es, die gesamte wissenschaftliche Prozesskette von der Grundlagen­forschung über die Prozess­entwicklung und die Charak­terisierung bis hin zur System­integration und Prototypen­entwicklung in der Quantenoptik und Sensorik abzudecken und auch die Anforderungen der Industrie jederzeit mitzudenken. 

Genau diese wirtschaftliche Verwertung durch die Industrie steht im Fokus der zweiten Phase von InQuoSens. Die Entwicklung von integrierten quanten­photonischen Schaltkreisen ist ein Gebot der Stunde. Bislang können die Technologien noch nicht in ein Gesamtsystem integriert werden, denn noch bestehen solche quanten­photonischen Systeme aus zahlreichen Einzel­bauteilen, die praktisch in Handarbeit zusammengebaut werden – ihre anwendungs­nahe Nutzung ist dadurch bisher sehr begrenzt. Ambi­tioniertes Ziel von InQuoSens ll: Die Erforschung integrierter quanten­photonischer Schaltkreise – verglichen mit dem heutigen Stand der Technik ein gewaltiger Technologie­sprung.

Die heute bereits zum Teil kommerziell erhältlichen photonischen Schaltkreise, die wie herkömmliche optische Bauteile auf Mikrochips eingesetzt werden, zeichnen sich durch Energie­effizienz und Umwelt­freundlichkeit aus und können zum Beispiel in künftigen 5G/6G-Kommunikations­systemen eingesetzt werden. Die Übertragung dieser Chips in die Quantenwelt und die Nutzbarmachung der entsprechenden physika­lischen Phänomene, etwa der Verschränkung, wird es InQuoSens II ermöglichen, vollkommen neuartige quanten­photonische inte­grierte Schaltkreise, eben die Q-PICs, zu erforschen und herzustellen. Sie bestehen aus speziellen optischen Schaltungen und werden sehr klein, schnell und stabil sein und wenig Energie verbrauchen. Schon in wenigen Jahren werden sie eine wichtige Plattform sein für neue Technologien und Anwendungen wie die photonische Quanteninformations­verarbeitung und quanten­verstärkte Sensoren oder auch für KI-Technologien wie maschinelles Lernen und optische neuronale Netze.

Mit der Förderung von InQuoSens ll werden nun die techno­logische Infrastruktur und die technische Expertise am Abbe Center of Photonics in Jena und am Zentrum für Mikro- und Nano­technologien in Ilmenau an der Schnittstelle von Photonik, Elektronik und Quantenphysik ausgebaut. Das gemeinsame Ziel: Neue effiziente Techno­logien und Anwendungen, die die Leistungs­fähigkeit konventioneller Systeme mit nie dagewesener Geschwin­digkeit, Präzision und Effizienz weit in den Schatten stellen: in der Quanten­kommunikation, der Quantensensorik und der Quanten­bildgebung. 

Der Sprecher von InQuoSens ll, Andreas Tünnermann von der Universität Jena und zugleich Direktor des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, das enger Kooperations- und Praxispartner für die Anwendungs­tauglichkeit der in InQuoSens entwickelten Techno­logien ist, erwartet für die nächsten Jahrzehnte eine zweite Quanten­revolution, die unsere Gesellschaft so verändern könnte, wie dies in den letzten zwanzig Jahren nur die Digi­talisierung getan hat.

TU Ilmenau / U. Jena / JOL

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