Schutthalde im All
Forscher analysieren erstmals Bodenproben von einem Asteroiden – er besteht aus Bruchstücken eines ursprünglich größeren Himmelskörpers.
Der rund 500 Meter große Asteroid Itokawa besteht aus den Trümmerteilen eines einst erheblich größeren Himmelskörpers. Das zeigte die Untersuchung von Gesteinsproben, die die japanische Sonde Hayabusa im September 2005 an der Oberfläche des Asteroiden eingesammelt und am 13. Juni 2010 zur Erde gebracht hat. Die Forschungsergebnisse bestätigen außerdem die seit langem von Astronomen gehegte Vermutung, dass die am häufigsten auf die Erde fallenden Meteoriten – gewöhnliche Chondrite – von Asteroiden der S-Klasse wie Itokawa stammen, die überwiegend aus Silikaten bestehen.
Abb.: Die 20 Kilo schwere Rückkehrkapsel der Hayabusa-Mission nach ihrer Landung in Woomera in Süd-Australien. (Bild: JAXA / ISIS)
Von der Erde aus ließ sich diese These bislang nicht bestätigen, da die Spektren der Asteroiden keine exakte Übereinstimmung mit Laborspektren von Chondriten zeigten. Doch die Bodenproben lieferten nun den von den Forschern ersehnten Beweis für ihren Verdacht. „Unsere Untersuchung zeigt, dass die steinigen Partikel dieses Asteroiden identisch sind zu Partikeln gewöhnlicher Chondriten“, sagte Tomoki Nakamura von der Tohoku-Universität in Sendai, Japan. Zusammen mit anderen Forschern aus Japan und den USA hat Nakamura die Proben elektronenmikroskopisch und mit Röntgendiffraktions-Methoden untersucht.
Dabei war zunächst unklar, ob Hayabusa überhaupt Material von Itokawa eingesammelt hatte. Denn das Abfeuern kleiner Projektile, die beim Aufprall Materie aus der Oberfläche herausschleudern sollten, missglückte. Tatsächlich fanden die Forscher aber etwa 1500 Staubkörnchen mit Größen bis zu 180 Mikrometern im Auffangbehälter. Offenbar hatte das zweimalige Aufsetzen des Sammeltrichters doch genug Staub aufgewirbelt.
An der Oberfläche unterscheidet sich das Material von Itokawa deutlich von Chondriten, da es über einen langen Zeitraum hochenergetischer Teilchenstrahlung aus dem Weltall ausgesetzt war. Diese „Weltraum-Verwitterung“ führte zu chemischen Veränderungen, die „die sichtbare Strahlung der Himmelskörper beeinflussen, die wir von der Erde aus detektieren“, sagte Takaaki Noguchi von der Ibaraki-Universität in Mito. Deshalb stimme diese Strahlung nicht mit Labormessungen überein.
Weitere Untersuchungen der Staubkörnchen zeigten, dass die Asteroiden-Materie ursprünglich über einen längeren Zeitraum auf über 800 Grad Celsius aufgeheizt worden sein musste. „Um eine solche Temperatur zu erreichen, muss ein Asteroid über 20 Kilometer groß sein“, so Nakamura. „Itokawa muss also von einem größeren Himmelskörper stammen, der durch einen Zusammenprall zerstört wurde und dessen Trümmerstücke sich dann in der jetzigen Form angesammelt haben.“ Itokawa ist also kein fester Körper, sondern eher eine Art kosmischer Schutthalde aus Fragmenten des ursprünglichen Himmelskörpers.
Das von Hayabusa eingesammelte Material befand sich seit weniger als acht Millionen Jahren an der Oberfläche des Asteroiden, wie Analysen von Keisuke Nagao von der Universität Tokio, Hisayoshi Yurimoto von der Hokkaido-Universität in Sapporo und ihren Mitarbeitern zeigten. Die Forscher vermuten, dass das Oberflächenmaterial durch Einschläge kleinerer Körper ins Weltall geschleudert und so abgetragen wurde. Ein Teil des herausgeschleuderten Materials könnte dann als Chondriten auf die Erde niedergehen.
Rainer Kayser
Weitere Infos
Weitere Literatur
PH