19.08.2010

Schwarze Löcher: Aus zwei mach eins

Computersimulationen zeigen erstmals, wie die Materie-Jets supermassiver Schwarzer Löcher miteinander verschmelzen.

Computersimulationen zeigen erstmals, wie die Materie-Jets supermassiver Schwarzer Löcher miteinander verschmelzen.

Die meisten Galaxien beherbergen in ihren Zentren nach heutigen Erkenntnissen supermassive Schwarze Löcher mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne. In der kosmischen Entwicklungsgeschichte spielen Zusammenstöße und Verschmelzungen von Galaxien eine wichtige Rolle. Im Zuge dieser Verschmelzungen nähern sich zwangsläufig auch die zentralen Schwarzen Löcher einander an, bilden schließlich ein Doppelsystem und kollidieren in einer finalen Katastrophe.

Abb.: Künstlerische Darstellung eines supermassiven Schwarzen Lochs mit Akkretionsscheibe und Materie-Jets. (Bild: Nasa/GSFC/Alfred Kamajian)

Für die Astronomen sind solche Katastrophen von großem Interesse, da bei ihnen Gravitationswellen und vermutlich auch elektromagnetische Strahlung freigesetzt werden, die noch über Milliarden von Lichtjahren hinweg nachweisbar sein könnten. Ein genaues Verständnis der physikalischen Vorgänge bei einer Verschmelzung Schwarzer Löcher ist jedoch nötig, um die Strahlungssignatur dieser Vorgänge vorhersagen zu können.

In den vergangenen Jahren haben die Forscher dabei große Fortschritte gemacht und etwa die Verschmelzung Schwarzer Löcher in einer materiefreien Umgebung und die damit verbundene Emission von Gravitationswellen simuliert. Carlos Palenzuela vom Canadian Institute for Theoretical Astrophysics (CITA) in Toronto, Luis Lehner von der Louisiana State University in Baton Rouge und Steven Liebling von der Long Island University in Brookville gelang es jetzt erstmals, Magnetfelder und damit auch die für Schwarze Löcher charakteristischen Materie-Jets in ihre Simulationen einzubeziehen.

Schwarze Löcher sind im Allgemeinen von rotierenden Gas- und Staubscheiben umgeben, so genannten Akkretionsscheiben. An diesen Akkretionsscheiben ist ein magnetisches Feld verankert, dessen Feldlinien sich durch die Rotation des Schwarzen Lochs verdrillen. Entlang der Polachse des Schwarzen Lochs können so elektrisch geladene Teilchen beschleunigt werden und nach außen abströmen. Eben dies sind die für Schwarze Löcher typischen Jetstrahlen.

Bei der Annäherung der Schwarzen Löcher vereinigen sich zunächst die Akkretionsscheiben. Der innere Bereich der nun um beide Schwarze Löcher rotierenden Scheibe ist nahezu materiefrei, da die Schwarzen Löcher dort auf ihrer Spiralbahn langsam einwärts wandern und alle Materie aufnehmen. Palenzuela, Lehner und Liebling gehen daher davon aus, dass die Entwicklung der Schwarzen Löcher und der Akkretionsscheibe im Endstadium voneinander entkoppelt ist: Sie simulieren die Bewegung der Schwarzen Löcher in einem externen Magnetfeld, das in der Akkretionsscheibe verankert ist, beziehen die Scheibe selbst aber nicht mehr in die Simulation ein.

Die Computersimulation der drei Forscher zeigt, dass sich in dieser Situation auch bei nichtrotierenden Schwarzen Löchern bereits Materiejets herausbilden. Im Gegensatz zu einzelnen Schwarzen Löchern, werden die Jets bei einem doppelten Schwarzen Loch nicht durch die Rotationsenergie, sondern durch die kinetische Energie der Umlaufbewegung angetrieben. Durch die Bahnbewegung wird das magnetische Feld quasi umgerührt, polwärts gerichtete elektrische Felder werden induziert, die wiederum ein toroidales Magnetfeld und damit die Jets produzieren.

Im Verlauf der Verschmelzung der Schwarzen Löcher vereinigen sich dann auch die Materie-Jets und es bildet sich ein "klassisches" rotierendes Schwarzes Loch mit Materie-Jets an beiden Polen. Die Simulation von Palenzuela, Lehner und Liebling zeigt, dass neben den Gravitationswellen bei der Verschmelzung sowohl in den Jets aus auch isotrop ein Schauer elektromagnetischer Strahlung freigesetzt wird. Die gleichzeitige Messung der Gravitationswellen und dieses typischen elektromagnetischen Strahlungsausbruchs könnte sich, so die Forscher, als wertvolles astrophysikalisches Werkzeug für die Untersuchung der Dunklen Energie oder für die Suche nach Abweichungen von der Allgemeinen Relativitätstheorie erweisen. 

Rainer Kayser


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