01.04.2022

Schwereloser Robotertanz

Autonome Roboter auf der ISS üben das Einfangen von Weltraumschrott.

Die Aufgabe für den kleinen Roboter ist anspruchsvoll: Der Astrobee Honey soll den Astrobee Bumble einfangen und mitnehmen. Dazu muss Honey die Flugbahn von Bumble in Schwerelosigkeit verstehen, sich in die richtige Position bringen und einen Zusammenstoß auf jeden Fall vermeiden. Eine künstliche Intelligenz (KI) hilft dem würfelförmigen Roboter dabei, alles richtig einzuschätzen. Das Experiment gehört zum Projekt TumbleDock/ROAM (Relative Operations for Autonomous Maneuvers), das das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit Partnern auf der Internationalen Raum­station ISS durchführt. Bei dem Projekt geht es letztlich um die Beseitigung von Weltraum­schrott.

 

Abb.: Die Mini-Roboter während des Experiments (Bild: NASA)
Abb.: Die Mini-Roboter während des Experiments (Bild: NASA)

„Die beiden Roboter auf der ISS simulieren ein orbitales Szenario“, erklärt Roberto Lampariello vom DLR-Institut für Robotik und Mechatronik in Oberpfaffenhofen. Denn rund um die Erde sammelt sich Schrott an: Satelliten, die nicht mehr funktionieren und mit anderen Satelliten zusammen­stoßen, sorgen für eine große Anzahl von unkontrollierten Teilen. Experten fürchten dabei das Kessler-Syndrom: Trümmerteile treffen auf weitere Trümmerteile und erzeugen so ein immer größeres Trümmerfeld. Mehr als 900.000 Weltraum­schrott-Objekte befinden sich in der niedrigen Erdumlaufbahn.

Auch das DLR arbeitet an Technologien, um Weltraum­schrott unschädlich zu machen. Möglich wäre zum Beispiel, Trümmer­objekte einzufangen und in der Erdatmosphäre verglühen zu lassen (Active Debris Removal, ADR) oder die Satelliten zu reparieren (On-Orbit Servicing, OOS). In beiden Fällen muss zunächst eine sichere Annäherung an ein Trümmerteil oder einen defekten Satelliten gelingen. Und genau das üben Astrobee Honey und Astrobee Bumble im Japanese Experiment Module (JEM). Die Roboter arbeiten dabei völlig selbstständig.

Astrobee Honey stellt das aktive Raumschiff („Chaser“, Verfolger) dar, Astrobee Bumble den Ziel­satelliten. Der Chaser soll sich in eine vordefinierte Stellung zum Ziel­satelliten bringen und mit einem synchronen Flug die Position halten. Aus dieser Position könnte in einer zukünftigen Mission mit einem auf dem Chaser installierten Roboterarm der Zielsatellit eingefangen werden. Der Chaser muss die taumelnde Bewegung des Zielsatelliten genau vorhersagen, seine kollisions­freie Flugbahn planen und erfolgreich ausführen. Denn ohne eine korrekte Annäherung wäre auch das spätere Einfangen nicht möglich. „Um die Aufgabe realistischer zu machen, werden virtuelle Sonnen­kollektoren auf dem Zielsatelliten angehängt. Ziel ist es zu zeigen, dass die an Bord des Chasers laufende autonome Methode alle realistischen Anforderungen erfüllen kann“, sagt Roberto Lampariello. „Bei den Experimenten Anfang Februar auf der ISS wurden erste Versuche durchgeführt, wobei wichtige, vom DLR stammende Komponenten hervorragend funktioniert haben.“

Die Erkenntnisse sind wegweisend für die weitere Entwicklung von robotischen Chasern. Die Software für die Bahnplanung des Astrobee Honey (Chaser) und für die realistischen Taumelbewegungen des Astrobee Bumble (Zielsatellit) wurde am DLR-Institut für Robotik und Mechatronik entwickelt und auf der ISS erfolgreich getestet. Die robuste Regelung entstand gemeinsam mit dem Massachusetts Institute of Technology, das auch die Navigation zwischen Chaser und Zielsatellit entwickelt hat. Die Komponenten könnten weiterhin auf der ISS getestet werden, um verschiedene Annäherungen zum Zielsatelliten zu demonstrieren. Die US-Raumfahrt­behörde NASA ist ebenfalls Partner im Projekt TumbleDock/ROAM, stellt die Astrobees bereit und steuert sie während der Experimente vom NASA Ames Research Center in Kalifornien.

Bei den Astrobees handelt es sich um ein frei fliegendes Robotersystem der NASA, das die Astronauten auf der ISS bei Routineaufgaben unterstützt. Die drei etwa dreißig Zentimeter großen Würfel Honey, Bumble und Queen können aber auch als Forschungs­plattformen dienen. Angetrieben werden sie mit elektrischen Ventilatoren.

DLR / DE

 

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