09.07.2013

Selbstkontrolle als Korrektiv

Die DFG legt ihre überarbeiteten „Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ vor.

Im Jahr 1997 erschütterte der Fall der Biomediziner Friedhelm Herrmann und Marion Brach die deutsche Forschungslandschaft. Die beiden hatten gefälschte Daten in renommierten Zeitschriften veröffentlicht. Bereits 1998 stellte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) daraufhin ihre Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis vor, um ein flächendeckendes System der Selbstkontrolle einzuführen. Nun hat die DFG ihre Empfehlungen in einzelnen Punkten überarbeitet und aktualisiert, um sowohl der Diskussion in der Wissenschaft als auch einer Bitte von Bund und Ländern nachzukommen.

In der am 3. Juli verabschiedeten neuen Fassung legt die DFG besondere Aufmerksamkeit auf eine verbindlichere und verantwortlichere Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses. „Nachwuchsbetreuung ist eine Leitungsaufgabe und muss in der gesamten Wissenschaft als solche aufgefasst und umgesetzt werden“, betonte die DFG-General­sekretärin Dorothee Dzwonnek bei der Vorstellung der überarbeiteten Empfehlungen. So sollen die Betreuer insbesondere dafür Sorge tragen, dass die Nachwuchs­­forscher ihre Arbeiten innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abschließen. Auch die Erstellung eines Betreuungskonzepts zählt dazu, das die Anforderungen an Betreuende und Doktoranden verbindlich festhält und Maßnahmen zur Unterstützung der weiteren Karriereplanung beinhaltet.

Die DFG ergänzt auch ihre Empfehlung für „Whistleblower“, die Hinweise auf Verdachtsfälle für Fehlverhalten geben. So war es erst durch den Hinweis eines Mitarbeiters gelungen, den Betrug von Herrmann und Brach aufzudecken. Whistleblower spielen aus Sicht der Forschungs­förder­organisation eine wichtige Rolle bei der wissenschaftlichen Selbstkontrolle und verdienen daher besonderen Schutz. Zugleich wird ein verbindlicherer Rahmen benötigt, in dem sie ihre Hinweise geben können, denn ein leichtfertiger Umgang mit einem Hinweis kann selbst eine Form von wissenschaftlichem Fehlverhalten sein. Die DFG mahnt hier auch die Vertraulichkeit von Hinweisen und weiteren Verfahrensschritten an; diese ist nicht mehr gegeben, wenn sich Whistleblower zuerst an die Öffentlichkeit und erst danach an die betroffene Einrichtung wenden.

Zudem will die DFG das Ombudswesen weiter stärken. Über neue DFG-eigene Weiterbildungsangebote für Vertrauenspersonen/Ansprechpartner hinaus sollen sich die Hochschulen ihrer Ombudsgremien noch stärker annehmen und sie noch besser als Anlaufstelle sichtbar machen. In diesem Kontext werden auch Streitfragen zu Autorschaften, mit denen sich Gremien besonders häufig befassen müssen, klar definiert, etwa: Wer ist Autor? Welcher Beitrag reicht für eine Autorschaft aus?

„Ehrenautorschaften sind nicht zu akzeptieren“, unterstrich Dzwonnek. Einer der bekanntesten Fälle in der Physik, in denen Koautoren wie Gutachtern der Betrug zunächst nicht aufgefallen war, ist wohl der von Jan Hendrik Schön. Dieser hatte zahlreiche gefälschte und erfundene Ergebnisse in Zeitschriften wie Nature und Science veröffentlicht, bis er 2002 aufflog. Ins Schussfeld geriet derzeit vor allem der wissenschaftliche Mentor von Schön, der jede Verantwortung von sich wies. Obwohl dieser (und alle weiteren Koautoren) vom Verdacht des wissenschaftlichen Fehlverhaltens freigesprochen wurden, stellte sich die Frage, ob er nicht auf eine sorgfältige Validierung der Ergebnisse hätte bestehen müssen. Als Konsequenz listen Zeitschriften wie Nature nun die jeweiligen Beiträge der Autoren explizit auf.

Weiterhin empfiehlt die DFG Hochschulen und Forschungseinrichtungen, eine Höchstdauer für die Untersuchungen anzustreben, und regt an, das Verhältnis von Untersuchungskommissionen und Promotions­kommissionen bei Fragen der Aberkennung von akademischen Titeln zu klären.

Für entscheidend hält Dzwonnek nun die konsequente Umsetzung der Empfehlungen. Sie äußerte sich erfreut darüber, dass das Thema „Qualitätssicherung in der Wissenschaft“ inzwischen auch in der Politik diskutiert wird. Das hat auf Landesebene zu ersten Eckpunktepapieren geführt. „Für die Wissenschaft aber ist klar, dass sie in jedem Fall auch weiter selbst das Heft in der Hand halten und mit ihrer Selbstkontrolle das entscheidende Korrektiv bilden muss“, so Dzwonnek.

DFG / KP

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