15.02.2024

Sensor nutzt Energie aus Schallwellen

Prototyp aus einem Metamaterial braucht keine Batterie mehr.

Sensoren, die Infra­strukturen wie Brücken oder Bauten überwachen oder die in medi­zinischen Geräten wie Gehör­prothesen eingesetzt werden, brauchen permanent Strom. Die Energie dafür stammt in der Regel aus Batterien, die ausge­tauscht werden, sobald sie leer sind. Das schafft ein gewaltiges Abfall­problem. Eine EU-Studie geht davon aus, dass im Jahr 2025 täglich 78 Millionen Batterien im Müll landen werden. Abhilfe schaffen könnte nun ein neu­artiger mechanischer Sensor, den Forscher um Marc Serra-Garcia und ETH-Geophysiker Johan Robertsson entwickelt haben. Sie haben ihre Erfindung bereits zum Patent angemeldet.

Abb.: Prototyp des passiven schallempfindlichen Sensors. Solche Module könnten...
Abb.: Prototyp des passiven schallempfindlichen Sensors. Solche Module könnten zur Überwachung von Bauten oder medizinischen Geräten eingesetzt werden.
Quelle: A. Robertsson, ETHZ

„Der Sensor funktioniert rein mechanisch und braucht keine externe Energiequelle. Er nutzt lediglich die Schwingungsenergie, die in Schallwellen enthalten ist“, sagt Johan Robertsson. Spricht man ein bestimmtes Wort oder erklingt ein Ton oder ein Geräusch, versetzen die davon ausgehenden Schallwellen - und nur diese - den Sensor in Schwingung. Diese Energie reicht dann aus, um einen winzigen elek­trischen Impuls zu generieren, der ein ausge­schaltetes elek­tronisches Gerät anschaltet. Neuere Varianten des Sensors sollen bis zu zwölf verschiedene Wörter unterscheiden können, wie Standard­maschinenbefehle wie „on“, „off“, „up“ oder „down“. 

Zudem sind sie viel kleiner als der Prototyp: War dieser noch handteller­groß, so sind die neuen etwa so groß wie ein Daumennagel, und die Forschenden streben eine weitere Miniaturisierung an. Der Sensor ist ein Meta-Material. Nicht das verwendete Material sorgt für seine speziellen Eigen­schaften, sondern die Struktur. „Der Sensor besteht nur aus Silizium und enthält weder giftige Schwermetalle noch irgend­welche seltenen Erden wie herkömm­liche elektronische Sensoren“, betont Serra-Garcia.

Aufgebaut ist der Sensor aus Dutzenden von gleich oder ähnlich strukturierten Plättchen, die über winzige Stege miteinander verbunden sind. Diese Verbindungs­stege wirken wie Federn. Das spezielle Design dieser mikro­strukturierten Plättchen und wie sie miteinander verhängt sind, entwickelten die Forscher mithilfe von Computer­modellen und Algorithmen. Diese Federn sind auch entscheidend, ob eine bestimmte Schall­quelle den Sensor in Gang setzt oder nicht.

Einsetzen kann man die batterie­losen Sensoren zum Beispiel in der Erdbeben- oder Gebäude­überwachung. Der Sensor könnte unter anderem registrieren, wenn ein Gebäude einen Riss bekommt, der die richtige Schall- beziehungs­weise Wellen­energie hat. Auch beim Monitoring still­gelegter Ölbohrungen besteht ein Interesse an batterie­losen Sensoren. Aus undichten Stellen bei Bohrungen kann Gas entweichen, was ein charak­teristisches Zischen erzeugt. Ein solcher mechanischer Sensor könnte dieses Zischen wahrnehmen und Alarm auslösen, ohne dauernd Strom zu konsumieren. Das wäre im Unterhalt der Anlagen bedeutend wartungs­ärmer und billiger.

Serra-Garcia sieht darüber hinaus Anwendungen in medi­zinischen Geräten, etwa in Gehör­schnecke-Implan­taten. Diese Prothesen für Gehörlose brauchen für die Signal­verarbeitung dauer­hafte Stromzufuhr aus Batterien, die hinter dem Ohr sitzen, wo kein Platz für große Batterie­pakete ist. Die die Träger solcher Geräte müssen deshalb die Batterien alle zwölf Stunden auswechseln. Auch zur dauernden Messung des Augendrucks könnten solche Sensoren gebraucht werden. „Für einen Sensor mit Batterie ist im Auge zu wenig Platz“, so der Forscher.

„Auch die Industrie hat ein großes Interesse an Null­energie-Sensoren“, erklärt Serra-Garcia. Er arbeitet mittler­weile nicht mehr an der ETH, sondern entwickelt zusammen mit seinem Team am öffentlichen Forschungs­zentrum Amolf in den Niederlanden die mechanischen Sensoren laufend weiter. Ziel ist, bis 2027 einen soliden Prototypen an den Start zu bringen. „Haben wir bis dahin keinen Interessenten gefunden, gründen wir vielleicht unseren eigenen Start-up.“

ETHZ / JOL

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