28.10.2013

Sieben auf einen Streich

KOI-351: Bislang umfangreichstes Planetensystem eines anderen Stern entdeckt.

Ein Team von Astrophysikern am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat mit deutschen und europäischen Kollegen das bisher umfangreichste Planetensystem an einem anderen Stern entdeckt: Um den Stern KOI-351 kreisen sieben Planeten, so viele, wie in keinem anderen bekannten Planetensystem außerhalb unseres eigenen. Sie sind darüber hinaus ähnlich angeordnet wie unsere acht Planeten, mit kleinen Gesteinsplaneten nahe dem Zentralgestirn und riesigen Gasplaneten in größerer Entfernung. Allerdings ist das Planetensystem KOI-351 wesentlich dichter zusammengedrängt, bietet aber trotzdem einen interessanten Vergleich zu unserer kosmischen Heimat.

Abb.: In diesem Vergleich des Systems KOI-351 mit unserem Sonnensystem sind die Bahnen der Planeten in unserem Sonnensystem blau, in KOI-351 rot markiert. Die Bahn des äußeren Gasriesen in KOI-351 entspricht in etwa der Erdbahn (; Bild: DLR; CC-BY 3.0)

Drei der Exoplaneten sind schon länger bekannt. Sie umkreisen den Stern mit Perioden von 331, 211 und 60 Tagen, also Umlaufzeiten, die mit denen der Erde, der Venus und des Merkur vergleichbar sind. Die Planeten, die jetzt von Cabrera und seinem Team entdeckt wurden, befinden sich zum Teil noch näher am Stern und haben Umlaufzeiten von 7, 9, 92 und 125 Tagen. Der äußerste der sieben Planeten umkreist den Stern in einer Entfernung von etwa 150 Millionen Kilometern. Das entspricht ziemlich genau der Distanz der Erde von der Sonne.

Juan Cabrera und seine Kollegen betonen die Ähnlichkeit zwischen KOI-351 und unserem Sonnensystem: „Kein anderes Planetensystem zeigt eine solche Übereinstimmung mit der ‚Architektur' unserer kosmischen Heimat wie dieses System um KOI-351“, sagt Cabrera. „Genau wie bei unserem Sonnensystem sind auf den inneren Bahnen Gesteinsplaneten in ähnlicher Größe wie die Erde zu finden, und auf den äußeren Bahnen Gasriesen ähnlich zu Jupiter und Saturn."

„Wir können nicht genug betonen, wie wichtig diese Entdeckung ist. Es ist ein großer Schritt auf der Suche nach einem ‚Zwilling' zu unserem Sonnensystem und damit auch auf der Suche nach der zweiten Erde", so Cabrera. Heike Rauer, Leiterin der Abteilung Extrasolare Planeten und Atmosphären am DLR-Institut für Planetenforschung fügt hinzu: „Die Entdeckung dieses komplexen Planetensystems hilft uns, die Prozesse, die solche Planetensysteme entstehen lassen, besser zu verstehen."

Erst die Entwicklung eines speziellen Computer-Algorithmus ermöglichte Juan Cabrera die Entdeckung der vier neuen Planeten an KOI-351. Der DLR-Astrophysiker war dadurch in der Lage, die charakteristischen Lichtkurven, die den Transit eines Planeten vor dem Stern verraten, aus den Kepler-Messungen herauszufiltern. Unter einem Transit versteht man ein winziges, periodisch wiederkehrendes Abdimmen des Sternenlichts beim Vorbeiziehen des Planeten vor der Sternenscheibe. Cabreras Technik dürfte wegweisend für die Suche nach ähnlichen Mehrfachsystemen in den großen Datensätzen zukünftiger Weltraumteleskope sein. Die Entdeckung wurde kurz darauf auch von einer amerikanischen Gruppe um Joseph Schmitt von der Universität Yale durch visuelle Inspektion der von Kepler aufgezeichneten Lichtkurven bestätigt.

„Die Resonanzen der Planetenbahnen sind ein weiteres interessantes Merkmal dieses Systems", erklärt Szilárd Csizmadia vom DLR und Mitglied von Cabreras Team. „Resonanzen spielen auch in unserem Sonnensystem eine wichtige Rolle, beispielsweise bei den Jupitermonden. Sie machen KOI-351 zu einer Art Goldmine für alle Forscher, die sich mit Planetenformation und der Stabilität von Mehrkörpersystemen beschäftigen".

Abb.: Logarithmischer Vergleich der Orbits in KOI-351 mit allen bekannten Systemen mit fünf und mehr Transitplaneten und dem Sonnensystem als Maßstab (oberste Linie). Die Farben kennzeichnen verschiedene Größenklassen: Super-Erden und Sub-Neptune (blau), neptungroße (grün) und Gasriesen wie Jupiter und Saturn, die mindestens den achtfachen Durchmesser der Erde haben (rot; ; Bild: DLR; CC-BY 3.0)

Diese Resonanzen um KOI-351 erschwerten allerdings die Suche nach den Planeten erheblich. Durch die starke Wechselwirkung zwischen den Planeten waren die Signale, die Juan Cabrera in den Keplerdaten suchte, nicht mehr wie üblich streng periodisch, sondern wiesen starke Abweichungen in den Umlaufzeiten auf. Rudolf Dvorak von der Uni Wien hebt daher den Planeten KOI-351g als besonders interessant hervor: „Bei ihm dauerte der zuletzt beobachtete Umlauf überraschend einen Tag länger als der vorangegangene. Störungen dieser Art kannte man schon vorher, aber bisher nur mit maximalen Abweichungen von wenigen Minuten."

Die Europäische Weltraumorganisation ESA fällt Anfang 2014 die Entscheidung über die Mission Plato, Planetary Transits and Oscillations of Stars. Aufbauend auf den Erfahrungen mit den Weltraumteleskopen Kepler und CoRoT, die in diesem Jahr ihren Dienst aufgeben mussten, soll Plato Planetensystemen um nahe und damit helle Sterne suchen, für die umfangreiche Nachbeobachtungen geeignet sind. Dadurch könnte man neben dem Radius (wie bei dem System KOI-351) der Planeten auch ihre genaue Masse bestimmen. Dies würde einen ersten Blick auf die Zusammensetzung der Planeten erlauben. Außerdem wäre es für solche nahen Systeme sogar möglich, die Atmosphäre der Planeten zu untersuchen, in denen vielleicht Hinweise auf die Aktivität von Lebewesen zu finden sein könnten. Dies wäre ein entscheidender Durchbruch auf der Suche nach der ‚zweiten Erde'.

DLR / OD

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