11.07.2019 • Photonik

Solarkraftwerk mit Trinkwasser-Aufbereitung

Integrierte Solarzellen mit Wasserreinigungsmodul erreicht starke Leistung in beiden Gebieten.

Sowohl Anlagen zur solaren Trinkwasser­aufbereitung als auch Solarkraftwerke haben eines gemeinsam: Sie benötigen viel Platz zum Sammeln der Sonnenstrahlen. Gerade für den Ausbau dieser nachhaltigen Technologien in den bevölkerungs­reichen Regionen sich entwickelnder Länder kann das ein Problem darstellen. Beide Arten von Anlagen unterscheiden sich aber auch in einem Punkt: Sie nutzen unterschiedliche Bereiche des Sonnen­spektrums zur Energie­umsetzung. Forscher der King Abdullah University of Science and Technology in Saudi-Arabien haben deshalb einen neuen Ansatz gewählt, um beide Technologien möglichst geschickt zu verbinden. Es gelang ihnen, Module zur Trinkwasser­aufbereitung so mit Solarzellen zu kombinieren, dass sie ohne Einbußen bei der Stromerzeugung eine sehr gute Rate bei der Wasser­gewinnung erzielen konnten.

Abb.: Künftige Solarkraftwerke könnten nicht nur Strom, sondern auch...
Abb.: Künftige Solarkraftwerke könnten nicht nur Strom, sondern auch Trinkwasser liefern. (Bild: W. Wang)

Die Idee bei dieser Kombination ist, ein mehrstufiges Wasser­reinigungs­modul unter den Solarzellen anzubringen. Auf diese Weise können die Solarzellen den von ihnen benötigten, kürzer­welligen Teil des Sonnen­spektrums voll ausnutzen. Dabei heizen sich die Solarzellen ein Stück weit auf. Diese Wärme, zusammen mit dem länger­welligen Anteil des Sonnenlichts, sorgt dann für die nötige Energie zur Verdampfung von Wasser. Der Wasserdampf dringt anschließend durch Membranen und liefert so Trinkwasser. Das Sonnenspektrum ließ sich auf diese Weise sehr effizient ausnutzen. Während die Solarzellen über 92 Prozent der kürzer­welligen Sonnenstrahlen unterhalb von tausend Nanometern Wellenlänge absorbierten, konnte das Absorber­material für die Trinkwasser­aufbereitung nochmals über 70 Prozent der länger­welligen Strahlung aufnehmen.

Ein einzelnes Modul kann in einem Verdampfungs-Kondensations-Zyklus bei typischer Sonneneinstrahlung rund 1,6 Liter Wasser pro Quadratmeter und Stunde liefern – wobei dies das theoretische Maximum darstellt, das im praktischen Betrieb nicht leicht erreicht wird. Wie neuere Studien gezeigt haben, lässt sich dieser Wert aber überschreiten, wenn mehrstufige Module genutzt werden.

Als gute Lösung für die Kombination mit Solarzellen erwies sich nach Angaben der Wissenschaftler ein dreistufiges Evaporations­modul. Dieses lässt sich in unterschiedlicher Weise betreiben: Entweder fließt das Wasser bei allen drei Untermodulen in eine Richtung, was anfänglich für höhere Wirkungsgrade sorgt, aber im Dauerbetrieb zu einer Versalzung der Membranen führt. Im Kreuzbetrieb hingegen sorgen entweder Pumpen oder die Schwerkraft dafür, dass das Wasser vor Erreichen der Sättigung wieder aus dem Modul herausfließt. Das hat zwar den Nachteil, dass ein kleiner Teil der Wärmeenergie verloren geht und somit der Wirkungsgrad der gesamten Anlage ein wenig sinkt. Dafür lässt sich bei dieser Betriebsart das Problem der Versalzung vermeiden, so dass keine häufigeren Reinigungs- und Salzentfernungs­prozeduren durchgeführt werden müssen. Das ist für den Dauerbetrieb deutlich vorteilhafter.

Ein solches Hybrid-Kraftwerk hat neben der besseren Platzausnutzung einen weiteren großen Vorzug: Da die Module aneinander gebaut sind, braucht man nur eine einzige Halterung, was sich positiv auf die Investitions­kosten auswirkt. Eine Modell­rechnung der Forscher zeigt, welches Zukunfts­potenzial solche kombinierten Solar-Wasser-Kraftwerke haben könnten. Wenn sich die globale Entwicklung der Photo­voltaik bis zum Jahr 2025 nach Schätzungen auf knapp tausend Gigawatt erhöht, dann werden diese Anlagen eine Fläche von gut viertausend Quadrat­kilometern benötigen. Wenn diese Kraftwerke alle in Hybrid-Bauweise ausgeführt werden, dann würden sie bei etwa zweihundert Tagen im Jahr mit ausreichender Sonnen­einstrahlung vier Milliarden Kubikmeter Trinkwasser erzeugen. Das entspricht etwa zehn Prozent des weltweiten Trinkwasser­verbrauchs des Jahres 2017. Dabei beruhen diese Rechnungen noch auf konservativen Schätzungen für die durchschnittliche gewinnbare Wassermenge von fünf Litern Wasser pro Quadratmeter und Tag.

Die Forscher wollen die Trinkwasser­ausbeute sogar noch weiter steigern. „Im Augenblick arbeiten wir daran, die Wasser­produktion zu erhöhen und die Produktionskosten zu verringern“, sagt Peng Wang von der King Abdullah University. Das Interessante an diesem System beruht auch darauf, dass es nicht an einen bestimmten Typ von Solarzellen gebunden ist, sondern im Prinzip mit allen möglichen Arten von Solarzellen kombiniert werden kann. Dazu kommt, dass die meisten Photovoltaik-Anlagen in sonnen­reichen und wasser­armen Gebieten stehen, die zu den ariden oder semi-ariden Regionen gezählt werden. Eine bezahlbare, kontinuierliche Trinkwasser­aufbereitung könnte sich gerade in solchen Regionen auszahlen, da mit ihr auch Dinge möglich werden, die sich angesichts von Wasser­knappheit nur schlecht ausführen lassen: Dazu gehören nämlich nicht nur der direkte menschliche Konsum und die Landwirtschaft, sondern unter anderem auch die Reinigung von Photovoltaik-Modulen von Sand und Staub. Die Forscher halten ihre Hybridmodule auch für transportabel genug, um etwa im Fall von Natur­katastrophen eine Notfall­versorgung mit Trinkwasser einzurichten.

Dirk Eidemüller

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