01.06.2018

Solarzelle für den Seriendruck

Gedruckte „in-situ“-Perowskitsolarzelle lässt sich ressourcenschonend produzieren.

Die Photovoltaik (PV) ist eine der Hauptsäulen einer nach­haltigen Energie­versorgung auf Basis erneuer­barer Energien. Neben der momentan dominierenden Silizium-basierten PV bieten auch alternative Materialien wie Perowskite ein großes Potenzial. Für solch neue Solar­zellen­typen prüfen Wissenschaftler gänzlich neue Konzepte auf ihre Mach­bar­keit. Ein sehr innovativer Ansatz, um Solar­zellen noch ressourcen­schonender herstellen zu können, besteht darin, die Anzahl an Produktions­schritten durch Umkehrung des Herstellungs­ablaufes drastisch zu reduzieren. Dafür entwickelte das Fraun­hofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das „in-situ“-Konzept für gedruckte Perowskit­solarzellen. Mit einem Rekord-Wirkungsgrad von 12,6 Prozent haben die Forscher hiermit jetzt einen wichtigen Meilen­stein für gedruckte Photo­voltaik erreicht.

Abb.: In-situ Befüllung einer gedruckten Perowskitsolarzelle (Bild: Fh.-ISE)

Solarzellen aus Silizium dominieren heute den Photovoltaik-Welt­markt. Ihre Produktion besteht aus einer Vielzahl von Einzel­prozess­schritten, von der Synthese des photo­aktiven Materials und der Herstellung der Solar­zellen bis hin zur elektrischen Verschaltung und Versiegelung des fertigen Solar­moduls. Mit Perowskit und dem Ziel, Produktions­schritte einzusparen, haben sich am Fraunhofer ISE in Freiburg Forscher einer Arbeits­gruppe um Andreas Hinsch die Frage gestellt: Warum nicht die Herstellung einer Solar­zelle so umkehren, dass zuerst das Solar­modul vor­gefertigt wird und anschließend das eigentliche photo­voltaische Material eingefüllt und direkt „in-situ“ – aktiviert wird?

„Jetzt ist es uns zum ersten Mal gelungen, mit dem aktuell intensiv beforschten Photo­voltaik­material Perowskit, einem photo­aktiven Salz, gedruckte Solar­zellen mit einem Wirkungs­grad von 12,6 Prozent in-situ herzustellen“, freut sich Andreas Hinsch und fügt hinzu: „Damit ist ein erster wichtiger Meilen­stein erreicht, um die Auf­skalierung und die Über­führung dieser Technologie in die industrielle Produktion sinn­voll vorantreiben zu können.“ Nebenbei stellt dieser zertifiziert gemessene Labor-Wirkungs­grad auch einen Rekord­wert für gedruckte Solar­zellen im Allgemeinen dar.

Die für gedruckte in-situ-Perowskit­solar­zellen auf kleinen Flächen entwickelte Methode und die erzielten Resultate bilden die Grund­lage für die Unter­suchung der Auf­skalier­barkeit. Ziel der aktuellen Projekte ist es, druck­bare nano­pörose Elektroden­schichten zur inneren Abscheidung und Ankopplung der Perowskit­kristalle zu entwickeln, die Homogenität des Abscheide­prozesses zu optimieren und hohe solare Wirkungs­grade in den fertigen Zellen nach­zuweisen. Dabei werden die Prozess­schritte „Siebdruck der Elektroden­schichten“ und „Aktivierung des Perowskits­ optimiert. Die Dicke der späteren photo­voltaisch aktiven Schicht liegt unter einem Mikro­meter.

Entscheidend für den solaren Wirkungs­grad ist die Kontrolle des Abscheide­prozesses der Perowskit­kristallite im Inneren der nano­porösen Elektroden, die aus Metall­oxiden und mikronisiertem Graphit bestehen. Neu beim Ansatz der Forscher um Andreas Hinsch ist das Verfahren zur Befüllung der ansonsten fertigen Zelle mit dem Perowskit und dessen anschließender Kristallisation. Während bisher übliche Verfahren zu einem unkontrollierten Kristall­wachstum führten, haben die Forscher des Fraunhofer ISE einen Weg gefunden, das Perowskit mittels eines polaren Gases in ein bei Raum­temperatur geschmolzenes Salz umzu­wandeln und so die Poren der Elektroden zu füllen.

Die anschließende Desorption des Gases erhöht den Schmelz­punkt stark und bewirkt die Kristallisation. Das Ergebnis ist ein homogener Wachstums­prozess. Solcherart hergestellte photo­aktive Schichten weisen eine hohe Photo­spannung von einem Volt auf und erzielen den für in-situ-Labor­zellen mit Graphit­elektrode zertifizierten stabilisierten solaren Wirkungs­grad von 12,6 Prozent. Die Fraunhofer-Forscher erwarten eine weitere Steigerung des Wirkungs­grads ihrer gedruckten in-situ-Perowskit­solarzellen, nicht zuletzt deshalb, weil das verwendete Perowskit­material, wie in der wissen­schaftlichen Literatur für nicht-skalierbare Labor­zellen berichtet, bereits solare Wirkungs­grade von 22 Prozent gezeigt hat.

Neben den zu erwartenden günstigen Kosten für die am Fraunhofer ISE entwickelte neuartige Perowskit­solarzelle spielen auch Nach­haltigkeit und Komplexität des Herstellungs­prozesses eine Rolle. In den letzten Jahren sind aufgrund des schnellen Ausbaus der Produktions­kapazitäten für bestehende Technologien die Kosten der Photo­voltaik stark gefallen. Neben der Fokussierung auf weitere Kosten­senkung spielt heute vermehrt der Aspekt der Nach­haltigkeit eine wichtige Rolle. Die insgesamt noch junge Technologie Photo­voltaik hat noch Verbesserungs­potenzial beim Energie- und Rohstoff­verbrauch. Hierzu müssen Materialien und Konzepte entwickelt werden, die mittel- bis länger­fristig Alternativen bieten können.

Ziel der weltweit einmaligen Forschungsarbeiten des Fraunhofer ISE an effizienten in-situ-Solar­zellen ist es, eine möglichst ressourcen­schonende, lokal produzierbare Photo­voltaik zu ermöglichen. Die Verarbeitungs­schritte der jetzt mit 12,6 Prozent Wirkungs­grad erfolgreichen gedruckten Perowskit­solarzelle ähneln jenen der Glas­verarbeitung. Daher ist eine Herstellung über dezentrale Wege mit lokalen Produktions­stätten nicht nur in hoch­technisierten Standorten, sondern auch unter einfachen Infra­struktur­bedingungen realisierbar.

Durch die Verwendung von preis­wertem Graphit und leicht synthetisier­barem Perowskit reduzieren sich die Material­kosten fast auf die Kosten der Glas­substrate. Für die spätere Vermarktung könnte also das Geschäfts­modell der glas­produzierenden und verarbeitenden Industrie über­nommen werden. Dies bedeutet, dass aufgrund der niedrigen Material­kosten die Transport­kosten anteils­mäßig den Verkaufs­preis so erhöhen, dass lokale Produktion und Vertrieb gegenüber einer zentralisierten Herstellung global gesehen konkurrenz­fähiger werden.

FH.-ISE / DE

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