26.04.2018

Sonnenernte mit Obertönen

Resonant angeregte Nanokristalle erhöhen Effizienz von Perowskit-Solarzellen.

Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München haben einen neuen Effekt bei der optischen Anregung von Ladungs­trägern in neuartigen und solar einsetz­baren Halb­leitern gefunden. Dadurch könnten Solar­zellen auch Infra­rot­licht in elektrische Energie umsetzen. Heut­zutage stellen Halb­leiter die wichtigste Material­gruppe für die Umwandlung von Sonnen­licht in elektrische Energie dar. Die International Energy Agency (IEA) berichtet, dass im vergangenen Jahr täglich etwa eine halbe Million Solar­module installiert wurden. Allerdings zeigen Halb­leiter-basierte Solar­zellen immer noch relativ geringe Effizienzen bei der Energie­umwandlung. Denn bis jetzt können entsprechende Halb­leiter nur einen relativ kleinen Ausschnitt des Licht­spektrums mit hoher Effizienz in elektrische Energie umwandeln.

Abb.: Transmissionselektronen­mikroskopische Aufnahme der untersuchten CsPbBr3-Nano­würfel (Bild: A. Manzi et al.)

Die Position dieses Fensters im Licht­spektrum hängt dabei von einer charakteristischen Eigenschaft des Halb­leiters ab, von seiner Band­lücke. Wenn ein Halb­leiter gewählt wird, dessen Band­lücke im gelben Spektral­bereich liegt, so passiert das Licht aus dem längeren Wellen­längen­bereich, also Rot und Infra­rot, diesen Halb­leiter ungenutzt. Kürzer­welliges Licht, also grünes, blaues oder UV-Licht, welches eine höhere Energie besitzt als gelbes Licht, verliert dagegen seine über­schüssige Energie in Form von Wärme. Höhere Effizienzen bei der Energie­umwandlung mittels Halb­leitern zu erzielen, ist immer noch eine große Heraus­forderung.

Aurora Manzi, Wissenschaftlerin am Lehrstuhl für Photonik und Opto­elektronik der LMU, der von Jochen Feldmann geleitet wird, hat sich mit diesen Grenzen der Nutz­barkeit des optischen Spektrums im Rahmen ihrer Doktor­arbeit beschäftigt. Hierzu hat sie die Absorption mehrerer Photonen in Perowskit-Nano­kristallen studiert.

„Normalerweise ist die Absorption mehrerer Photonen aus dem lang­welligen Licht­bereich, also mit Energien unterhalb der Band­lücke des Halb­leiters, sehr ineffizient“, hebt Aurora Manzi hervor. „Deswegen war ich sehr über­rascht, als ich beobachtete, dass dieser Prozess bei bestimmten Anregungs­wellen­längen plötzlich sehr viel effizienter wird. Zu Beginn haben wir dieses Phänomen nicht verstanden.“

Nach intensiven Diskussionen erkannte das Forscher­team, dass diese Resonanzen immer dann auf­treten, wenn die Viel­fachen zweier bestimmter Frequenzen über­einstimmen, die der primären Licht­schwingung und die der Band­lücke, oder exakter die des Exzitons an der Band­lücke. Man kann dieses Phänomen mit der Resonanz von akustischen Ober­tönen vergleichen, die in vielen Musik­instrumenten genutzt wird. Wenn intensives rotes Licht auf einen nano-strukturierten Perowskit-Halb­leiter gerichtet wird, dann tritt ein Prozess auf, der sich analog zu der Erzeugung von Ober­tönen bei einer Gitarren­saite beschreiben lässt. Die zugrunde­liegende Wellen­länge des Lichts erzeugt optische Schwingungen von höherer Ordnung, „Licht-Obertöne“, deren Frequenzen ganz­zahlige Viel­fache der primären Licht­schwingung sind. Tritt ein solcher „Licht-Oberton“ nun in Resonanz mit einem Ober­ton der Exziton-Band­lücke, so erhöht sich der Energie­austausch und führt an der Band­lücke zur verstärkten Erzeugung von Ladungs­trägern, d.h. von Exzitonen.

„Die Resonanzen, die wir beobachten, ähneln dem physikalischen Phänomen, das zwischen zwei Gitarren­saiten abläuft,“ fährt Manzi fort, „Wenn wir eine erste Saite als Licht­anregung ansehen und eine zweite Saite als Exziton an der Band­lücke des Halb­leiters, dann wissen wir aus der Akustik, dass sie in Resonanz treten, sobald ein Ober­ton der ersten Saite mit einem Ober­ton der zweiten Saite übereinstimmt.“

„Die Beobachtung dieses neuen Resonanz-Phänomens für die optische Anregung von exzitonischen Halb­leitern könnte den Weg ebnen für effizientere Solar­zellen, die lang­welliges Licht in nutz­bare elektrische Energie umwandeln“, fügt Feldmann hinzu. „Das ist eine erstaunliche Entdeckung, die möglicher­weise Einfluss auf zukünftige solare Bau­elemente nehmen kann. Zusammen mit Kollegen des Forschungs­netzwerks ‚Solar Technologies Go Hybrid‘ (SolTech) werden wir versuchen, durch Spielen mit Ober­tönen innovative Anwendungen zu entwickeln.“

LMU / DE

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