05.03.2018

Späte Geburt eines Kometen

Zusammenstöße als Ursache ungewöhn­licher Formen.

Der seltsam geformte Komet Tschurjumow-Gerassimenko, kurz „Tschuri“, könnte nach einem heftigen Zusammen­stoß größerer Körper ent­standen sein. Solche Kolli­sionen gab es auch in einer späteren Phase unseres Sonnen­systems – womit der Komet viel jünger sein kann als ange­nommen. Dies zeigen Computer­simu­la­tionen einer inter­natio­nalen Forschungs­gruppe.

Abb.: Simulation eines Zusammen­pralls von Kometen. (Bild: U. Côte d’Azur / U. Bern)

In den Computersimulationen ließ das Forschungsteam große Kometen­kerne heftig auf­ein­ander­prallen und unter­suchte, was danach geschah. „Die Berech­nungen zeigten, dass sich ein großer Teil des Materials in vielen kleineren Körpern ansammelt“, erklärt Martin Jutzi von der Uni Bern. Die neu­ent­stan­denen Objekte haben unter­schied­liche Größen und Formen, darunter gibt es viele läng­liche Körper, die zum Teil zwei­ge­teilt sind wie Tschuri.

„Wir waren überrascht, dass bei den gewaltigen Kollisionen offen­bar nur ein geringer Teil des Materials beträcht­lich kompri­miert und erhitzt wird“, sagt Jutzi. Dieses Material fliegt zudem weg und trägt kaum zum Auf­bau der ver­blei­benden kleineren Körper bei, die eine neue Gene­ra­tion von Kometen­kernen bilden. Auf der dem Ein­schlags­punkt gegen­über­liegenden Seite des Kometen über­stehen flüch­tige Stoffe selbst heftige Zusammen­stöße. Des­halb hat die neue Kometen­genera­tion eben­falls eine geringe Dichte und ist reich an flüch­tigen Stoffen – Eigen­schaften, wie sie bei Tschuri nach­ge­wiesen wurden. Der enten­förmige Komet kann also durch­aus nach einer heftigen, späten Kolli­sion ent­standen sein und muss keines­wegs aus der Anfangs­phase des Sonnen­systems stammen, wie immer wieder behauptet. Denn solche Zusammen­stöße könnten auch relativ spät noch statt­ge­funden haben.

Bereits in früheren Studien waren Jutzi und Willy Benz von der Uni Bern zu dem Schluss gekommen, dass Tschuri seine zwei­teilige Form nicht bei der En­stehung unseres Sonnen­systems vor 4,5 Milli­arden Jahren erhalten hat. Damals hatten die Forscher gezeigt, dass die Schwach­stelle, der dünne „Hals“ zwischen den beiden Teilen, nicht mehrere Jahr­milli­arden mit vielen Kolli­sionen hätte über­stehen können. Sie zeigten hin­gegen, dass Tschuri bei einem ver­gleichs­weise sanften Ein­schlag ent­standen sein könnte. „Jetzt haben wir sehr heftige Zusammen­stöße unter­sucht, bei denen viel mehr Energie invol­viert ist“, erklärt Jutzi. Die neuen Berech­nungen bestä­tigen die früheren Resul­tate und erweitern die mög­lichen Ent­stehungs­szenarien.

Das Forschungsteam untersuchte, was passiert, wenn verschieden große Körper in unter­schied­lichen Winkeln mit Geschwin­dig­keiten von zwanzig bis zu drei­tausend Metern pro Sekunde auf­ein­ander­prallen. Die Simu­la­tionen zeigten, dass sich kleine Frag­mente in den Stunden und Tagen nach der Kolli­sion sanft wieder zu vielen vorüber­gehenden Ansamm­lungen zusammen­fügen. Die end­gültige Form ist oft das Ergebnis von zwei oder mehr größeren Körpern, die mit sehr kleinen Geschwin­dig­keiten auf­ei­nander treffen und so eine zwei­teilige Struktur bilden.

Während der Tagen und Wochen, in denen der Komet seine Form erhalten hat, sammelten sich auf ihm gemäß Simu­la­tion weiter­hin kleine Teile aus der Umge­bung an. In der Realität könnte dieses Material beim Auf­treffen auf der Ober­fläche flach gedrückt worden sein und so zu einer Schicht­struktur geführt haben. Wenn sich in diesem Stadium zudem große Blöcke anhäufen, werden so mög­licher­weise Hohl­räume geschaffen, die sich zu aus­ge­dehnten Gruben ent­wickeln können. Genau solche geo­lo­gischen Struk­turen hat die Rosetta-Mission auf Tschuri entdeckt – Beob­ach­tungen, die bisher als rätsel­haft galten. „Unsere Ergeb­nisse bekräf­tigen nicht nur, dass der Komet viel jünger sein kann als bisher ange­nommen, sondern liefern möglicher­weise auch eine Erklä­rung für seine auf­fäl­ligen Struk­turen“, sagt Jutzi.

U. Bern / RK

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