Spatenstich in Grenoble
Die Synchrotronstrahlungsquelle ESRF wird modernisiert.
Ende November begannen bei der europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF in Grenoble die Bauarbeiten für zwei neue Experimentierhallen, die acht Messstationen (beamlines) aufnehmen sollen. Für insgesamt 30 Millionen Euro entsteht darüber hinaus ein dreistöckiges Labor- und Bürogebäude. Diese Erweiterungen sind Teil eines umfangreichen Modernisierungsprogramms, das 2009 gestartet wurde mit dem Ziel, insbesondere die Forschungsmöglichkeiten für mehrere Schlüsselgebiete der Zukunft zu verbessern.
So soll zum Beispiel die Nanotechnologie von einem Instrument profitieren, das mit Nanometer-Genauigkeit Proben dreidimensional abbilden und ihre chemische Zusammensetzung analysieren kann. Weitere Instrumente sollen es ermöglichen, sehr schnelle Prozesse wie die chemische Katalyse, Plasmadynamik oder Phasenübergänge auf einer Zeitskala von Pikosekunden aufzulösen. Die Proben sollen dabei extremen Bedingungen ausgesetzt werden – einem Druck von bis zu 1 Mbar, einer Temperatur von nur einem 1 Kelvin oder bis zu 3000 Kelvin oder einem Magnetfeld von 40 Tesla. Damit lassen sich die Verhältnisse im Erdinneren nachahmen oder exotische Quantenmaterialien untersuchen.
Die neuen Experimentierhallen (mit begrüntem Dach)
und das Bürogebäude schließen unmittelbar
an den ESRF-Beschleunigerring an. (Quelle: ESRF/Sud Architectes)
Für das Modernisierungsprogramm sind bis 2015 insgesamt rund 170 Millionen Euro vorgesehen. Weitgehend abgeschlossen sind inzwischen Verbesserungen an dem über 800 Meter langen Speicherring, in dem Elektronen mit einer Energie von 6 GeV zirkulieren. Diese Maßnahmen ermöglichen es zum Beispiel, zusätzliche Undulatoren in den Beschleuniger einzubauen; diese Magnetstrukturen zwingen Elektronen auf eine wellenförmige Bahn, sodass Synchrotronstrahlung entsteht. Bereits Ende Mai wurde an der ESRF ein neues Rechenzentrum eingeweiht, das die an den Experimenten anfallenden Datenmengen von mehreren Petabyte pro Jahr bewältigen kann. Angesichts der unvermeidbaren Erschütterungen, die bei den Bauarbeiten auftreten, müssen sich die Wissenschaftler nun aber zunächst gedulden: Ab dem 5. Dezember ruht der Nutzerbetrieb der ESRF über die normale Winterpause hinaus bis Anfang Mai. Die neuen Gebäude sollen bis Juni 2013 fertiggestellt sein.
Stefan Jorda