28.04.2011

Spinstars - die erste Sterngeneration des Universums?

In Beobachtungsdaten des Very Large Telescopes konnten Hinweise auf schnell rotierende, schwere Sterne in der Frühphase der Milchstraße gefunden werden.

Spinstars – die erste Sterngeneration des Universums?

In Beobachtungsdaten des Very Large Telescopes konnten Hinweise auf schnell rotierende, schwere Sterne in der Frühphase der Milchstraße gefunden werden.

Aus der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der ältesten Sterne unserer Milchstraße, hat ein internationales Team von Astronomen um Cristina Chiappini vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) und dem Instituto Nazionale di Astrofisica (INAF) neue Erkenntnisse über die Natur der ersten Sterngenerationen unseres Universums abgeleitet. „Wir glauben, dass die schwerer Sterne der ersten Generationen sich sehr schnell um sich selbst gedreht haben – wir nennen sie daher Spinstars”, erklärt Chiappini.

Abb.: Simulation der Entstehung der ersten Sterne mit sehr schneller Eigendrehung. (Bild: A. Stacy, University of Texas / Stacy et al, 2011, MNRAS 413,1, 543.)

Das Leben massereicher Sterne ist heftig und kurz. Daher sind die ersten Generationen schwerer Sterne im Universum bereits vergangen. Allerdings lassen sich ihre chemischen Hinterlassenschaften wie ein Fingerabdruck auch heute noch in den ältesten Sternen unserer Milchstraße nachweisen. Diese fossilen Überreste geben Zeugnis über die Eigenschaften dieser ersten Sterngenerationen, die unser Universum bei ihrem Tod mit neuen chemischen Elementen angereichert haben. Kurz nach dem Urknall war die Zusammensetzung des Universums nämlich sehr viel einfacher als heute: es bestand in erster Linie aus Wasserstoff und Helium. Die chemische Anreicherung des Universums mit weiteren Elementen ließ noch etwa 300 Millionen Jahre, bis zum Tod der ersten Generationen massereicher Sterne, auf sich warten. Diese Sterne hatten zwischenzeitlich in ihrem Inneren neue chemische Elemente produziert, mit denen sie nun das Ur-Gas „verschmutzten“ aus dem dann die nächste Generation von Sternen entstand.

Für ihr Forschungsprojekt analysierten die Astronomen Spektren sehr alter Sterne unserer Milchstraße aus Beobachtungsdaten mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO. Diese Sterne sind so alt, dass nur sehr massereiche, kurzlebige Sterne mit mehr als der etwa 10-fachen Masse der Sonne zuvor genug Zeit hatten zu sterben und das Gas, aus dem sich die Sterne formten, zu verschmutzen. Wie erwartet zeigte die Auswertung der Beobachtungsdaten typische Elemente für solch eine Anreicherung des Gases durch massereiche Sterne. Allerdings entdeckten die Forscher unerwartet auch solche Elemente, von denen man normalerweise annimmt, dass sie nur in Sternen niedrigerer Masse produziert werden. Falls die massereichen Sterne sehr schnell rotierten, könnten sie allerdings auch selbst für die Produktion solcher Elemente verantwortlich sein.

„Noch können wir alternative Szenarien nicht ausschließen, so Chiappini, „aber wir zeigen dass Spinstars als erste Generation massereicher Sterne im Universum eine sehr elegante Lösung dieses Rätsels sind.“ Die Existenz einer frühen Generation dieser schnell rotierenden Ursterne hätte eine Vielzahl von Konsequenzen. Die Eigendrehung eines Sterns beeinflusst auch seine weiteren Eigenschaften, wie seine Farbe, seine Lebensdauer und seine Leuchtkraft, stark. Somit wären auch die Eigenschaften und die Erscheinung der ersten Galaxien des Universums verändert.

Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam / AL


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