17.06.2004

Sprung in den Orbit

Ein Haufen Raumfahrtbegeisterte will den ersten Flug eines privat entwickelten Raumfahrzeuges in den Orbit schaffen.


Sprung in den Orbit

Ein Haufen Raumfahrtbegeisterte will den ersten Flug eines privat entwickelten Raumfahrzeuges in den Orbit schaffen.

Hamburg (dpa) - Es gleicht dem Wettstreit der tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten. Ein Haufen begeisterter Konstrukteure, wagemutiger Piloten und schwer reicher Sponsoren nahm die Herausforderung an, fast 30 Teams schlossen sich zusammen. Ihr Streben gilt dem ersten Flug eines privat entwickelten und finanzierten Raumfahrzeuges in den Orbit. Am 21. Juni macht sich nun die strahlend weiße «SpaceShipOne» auf in 100 Kilometer Höhe. Die Konstrukteure sind sich ihrer Sache sehr sicher und haben selbstbewusst Zuschauer auf den abgelegenen Testflugplatz in der Mojavewüste von Kalifornien eingeladen. Experten geben dem Unternehmen gute Chancen.

Das Team um den Luftfahrtkonstrukteur Burt Rutan und den Multimilliardär und Microsoft-Mitbegründer Paul Allen hat beste Aussichten, den ausgelobten X-Prize und damit zehn Millionen Dollar (rund acht Millionen Euro) zu bekommen. Die Regeln für den Wettlauf sind einfach: Wer ohne staatliche Unterstützung drei Menschen in 100 Kilometer Höhe schießt, bekommt das Geld. Vorausgesetzt, die Piloten kehren heil zurück und der Flug des Vehikels wird binnen zweier Wochen wiederholt.

Bereits im Mai erreichte der 62-jährige Pilot Mike Melvill an Bord des «SpaceShipOne» 64 Kilometer Höhe. Zuvor war das vom US- Unternehmen Scaled Composites gebaute futuristische Vehikel rund 15 Kilometer über der Erde vom Mutterflugzeug «Weißer Ritter» ausgeklinkt worden. «Seit den legendären Flügen von Yuri Gagarin und Al Shepard im Jahr 1961 wurden alle Raumfahrtmissionen von Regierungen unternommen und finanziert. Im Gegensatz dazu benötigt unser Programm nur einige engagierte Menschen, die sich vollkommen darauf konzentrieren, den Raumflug erschwinglich zu machen», sagt Rutan.

SpaceShipOne soll bei der Landung in der Mojave Wüste wie ein Flugzeug zur Erde gleiten. (Quelle: Scaled Composites)

«Burt Rutan kann es mit der "SpaceShipOne" schaffen», sagt Eckart Graf, Mitglied im Direktorat Human Space Flight der Europäischen Weltraumagentur ESA. Vermutlich müsse das Raketentriebwerk eine Minute oder etwas länger brennen, um die «SpaceShipOne» so weit zu beschleunigen, dass sie bis zur Siegeshöhe aufsteigt, ergänzt er.

Graf hofft, dass ein Flugzeug wie die «SpaceShipOne» den X-Prize gewinnt und keine der einfacher konstruierten Raketen der anderen Teams. Flugzeugähnliche Maschinen hätten am ehesten die Chance auf einen kommerziellen Einsatz, weil sie auf einer Piste landen könnten und nicht wie eine Kapsel am Fallschirm irgendwo im Gelände. Falls es jemals eine Form der Routine oder gar einen Tourismus in den Suborbit geben soll, müsse es eine Lösung mit einer Rollbahn geben.

Den Wettbewerb ins Leben gerufen hatte der Luftfahrtingenieur Peter Diamandis bereits 1996. Inspiriert wurde er von den Auszeichnungen für Luftfahrtpioniere des frühen 20. Jahrhunderts. Das Paradebeispiel dafür sind die 25 000 Dollar, die Charles Lindbergh 1927 für seinen Transatlantikflug verdiente. «Mit einem kleineren, schnelleren und besseren Ansatz zur Luftfahrt hat Lindbergh gezeigt, dass ein kleines und professionelles Team die großen Vorhaben von Regierungsstellen überflügeln kann», heißt es bei der X-Prize- Stiftung.

Nicht alle der hoch fliegenden Pläne sind indes so weit gediehen wie das Gespann aus dem «Weißen Ritter» und der «SpaceShipOne», dessen Kosten auf bis zu 35 Millionen Dollar geschätzt werden. Viele andere visionäre Bastler haben deutlich weniger Geld, und vielleicht kommen sie mit ihren Bemühungen nun auch zu spät.

Zu den namhaften Unterstützern des X-Prize gehören der erste Weltraumtourist Dennis Tito, die US-Astronauten John Glenn und Buzz Aldrin, der Schauspieler Tom Hanks («Apollo 13»), Erik Lindbergh (Pilot und Enkel von Charles Lindbergh) oder Hubert Curien, der Leiter des Europäischen Teilchenforschungszentrums CERN. Im Mai 2004 wurde der X-Prize in Ansari X-Prize umbenannt. Damit wurde die Multimillionen-Dollarspende der iranischen Unternehmer Anousheh und Amir Ansari gewürdigt. Auch sie träumen vom Flug ins All.

Sollten sie oder andere tatsächlich eines Tages so hoch kommen, «wird es ein paar Minuten Schwerelosigkeit und eine fantastische Aussicht geben», sagt ESA-Experte Eckart Graf voraus. Zudem stehe bereits jetzt fest, dass keine der X-Prize-Maschinen oben bleiben werde: Dafür sei die Bremswirkung der Luftteilchen zu stark.

Thilo Resenhoeft, dpa

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