Sternflecken: Clusterbildung lässt Sternhelligkeit stärker schwanken
Den Unterschieden zwischen der Sonne und sonnenähnlichen Sternen auf der Spur.
Im kosmischen Vergleich ist die Sonne ein Langweiler: Während die Helligkeit einiger Sterne, die ihr ähneln, stark schwankt, sind die Ausschläge bei der Sonne deutlich moderater. Wissenschaftler vom MPI für Sonnensystemforschung in Göttingen, der Türkisch-Deutschen Universität, der Boğaziçi-Universität in Istanbul und von der Kyung-Hee-Universität in Südkorea haben jetzt untersucht, wie genau sich Sternflecken auf die Helligkeit sonnenähnlicher Sterne auswirken. Neben Anzahl und Größe der Flecken spielt ihre Verteilung eine Rolle, so das Ergebnis: Eine entscheidende Roll spielt die Cluster-Bildung von Sternfleckengruppen.
Erst im April hatte eine Studie von Wissenschaftlern des MPI für Sonnensystemforschung ergeben, dass die Helligkeitsschwankungen einiger Sterne, die der Sonne in wichtigen Eigenschaften ähneln, deutlich heftiger ausfallen als bei unserem Zentralgestirn. Die Forscher hatten die Lichtkurven von mehr als 350 sonnenähnlichen Sternen mit denen der Sonne verglichen. „Wir haben uns gefragt, was die Flecken dieser Sterne von Sonnenflecken unterscheidet. Sind es grundlegende physikalische Eigenschaften? Oder reichen vielleicht schon Kleinigkeiten aus, die Abweichungen zu erklären?“, erläutert Team-Mitglied Emre Isık den Grundgedanken.
Anders als bei der Sonne lassen sich bei Sternen Strukturen auf der Oberfläche nicht direkt beobachten. Stattdessen wandten sich die Forscher ihren Computern zu – und erzeugten in Simulationen eine Art Versuchsstern. Dieser Stern entspricht der Sonne und anderen sonnenähnlichen Sternen in vielen Eigenschaften. Größe, Anzahl und Verteilung der aktiver Regionen auf der Oberfläche lassen sich jedoch künstlich verändern. Aktive Regionen sind Gebiete besonders hoher magnetischer Feldstärke, die häufig mit Sternflecken einhergehen.
„Offenbar braucht es nicht viel, einen sonnenähnlichen Stern auf Touren zu bringen“, fasst Alexander Shapiro, der am MPI für Sonnensystemforschung die Forschungsgruppe „Verbindung solarer und stellarer Variabilität“ leitet, die Ergebnisse zusammen. „Die Idee, wie dies klappen könnte, stammt von der Sonne selbst.“ Die Helligkeitsschwankungen des Versuchssterns nahmen besonders deutlich zu, wenn seine aktiven Regionen etwas häufiger als bei der Sonne, vor allem aber bevorzugt in enger Nachbarschaft zueinander erschienen. „Es ist üblich, dass Sonnenflecken in Gruppen auftreten. Etwa die Hälfte dieser Gruppen sind wiederum Teil größerer Cluster“, erklärt Isık die Motivation, speziell an dieser Stellschraube zu drehen. „Zunächst entsteht eine einzelne Gruppe von Sonnenflecken, weitere folgen in ihrer Nähe.“ Wie die aktuellen Rechnungen zeigen, lassen sich deutlich stärkere Helligkeitsschwankungen erreichen, wenn dieser Hang zur Clusterbildung ausgeprägter ist.
Auch einem weiteren sonderbaren Verhalten einiger sonnenähnlicher Sterne kamen die Forscher so auf die Schliche. Während die Helligkeitsschwankungen einiger Sterne ausgesprochen regelmäßig sind, verlaufen die der Sonne deutlich unordentlicher. Hier könnte der Ort, an dem die Gruppen von Sternflecken auftreten, eine Rolle spielen. Häufen sie sich jeweils an zwei sich gegenüberliegenden Längengraden, ist ein sehr regelmäßiges Verhalten zu beobachten.
Ob die Flecken ferner Sterne tatsächlich in Clustern und an bestimmen Längengraden auftreten, lässt sich nur schwer überprüfen. Weitere Beobachtungen sind notwendig. „Unsere Rechnungen zeigen aber, dass die Sonne möglicherweise kein so ausgeprägter Sonderling ist, wie zunächst gedacht“, so Sami K. Solanki vom MPI für Sonnensystemforschung. „Möglicherweise unterscheidet sie sich nur in einigen Kleinigkeiten von den meisten ihrer Geschwister.“
MPS / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
E. Işık et al.: Amplification of Brightness Variability by Active-region Nesting in Solar-like Stars, Astroph. J. Lett. 901, L12 (2020); DOI: 10.3847/2041-8213/abb409 - Abt. Sonne und Heliosphäre (S. K. Solanki), Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Göttingen