06.06.2005

Ströme in Hochtemperatur-Supraleitern

Ein internationales Forscherteam erzielt einen Durchbruch im Verständnis des Stromtransports in Hochtemperatur-Supraleitern.


Ströme in Hochtemperatur-Supraleitern

Ein internationales Forscherteam erzielt einen Durchbruch im Verständnis des Stromtransports in Hochtemperatur-Supraleitern.

Ein Durchbruch im Verständnis des Stromtransports in Hochtemperatur-Supraleitern ist einem internationalen Forscherteam mit Beteiligung von Physikern der Universität Göttingen gelungen. Zusammen mit Experten aus den USA und Japan hat Christian Jooß vom Institut für Materialphysik die Auswirkungen so genannter Korngrenzen untersucht: Diese entstehen im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Ausrichtung von Kristallen in supraleitenden Materialien und führen zu einer dramatischen Reduzierung ihrer Stromtragfähigkeit. Die Ursachen dafür waren bislang unbekannt. Mit der Entschlüsselung der zugrunde liegenden Mechanismen konnten die Wissenschaftler auch Wege zur Überwindung dieser Stromunterdrückung erproben. "Damit stehen jetzt eine ganze Reihe von Methoden zur Verfügung, sehr hohe verlustfreie Stromtragfähigkeiten von Hochtemperatur-Supraleitern zu erreichen", erläutert Christian Jooß. Über die aktuellen Forschungsergebnisse informierte das Wissenschaftsmagazin Nature in seiner Ausgabe vom 26. Mai 2005.

Supraleitende Materialien haben die Eigenschaft, elektrischen Strom bei tiefen Temperaturen ohne merklichen Widerstand zu leiten. Dieser Effekt beruht auf einer kollektiven Abstimmung von Milliarden von Elektronen. Während konventionelle Supraleiter dazu eine Kühlung von mehr als -250 Grad Celsius erfordern, weisen Hochtemperatur-Supraleiter diese Fähigkeit schon bei Temperaturen von bis zu -108 Grad Celsius auf. Bei der Entwicklung von supraleitenden Materialien wie Kabeln kommt es dabei unvermeidlich zur Bildung von Korngrenzen, da die Züchtung kilometerlanger Kristalle mit gleichmäßiger Ausrichtung (Einkristalle) nicht möglich ist. Die Veränderungen in der Kristallstruktur - die Wissenschaftler verwenden dafür den Begriff der Polykristalle - führen zu Verschiebungen der Atome in ihrer idealen Gitterposition. Dies ändert die Struktur und Zusammensetzung des Materials in Abständen von bis zu 1,5 Nanometern an der Korngrenze. Dabei entstehen eine Sauerstoffverarmung und ungünstige elektrisch geladene Zonen auf der Nanometerskala, was zu der drastischen Reduzierung der Stromtragfähigkeit führt.

Supraleitender Stromtransport durch eine Korngrenze: Abgebildet sind die Stromlinien eines supraleitenden elektrischen Stromes und das erzeugte Magnetfeld (Graustufen). Die Position der Korngrenze ist durch die horizontale weiße Linie markiert. (Quelle: Uni Göttingen)

Dem internationalen Wissenschaftlerteam ist es im vergangenen Jahr gelungen, diese nanoskaligen Raumladungszonen mit modernen Methoden der Elektronenmikroskopie erstmals sichtbar zu machen. Für ihre Untersuchungen zum Phänomen der Korngrenzen verwendeten die Forscher dabei das Material YBa 2Cu 2O 7, das supraleitende Fähigkeiten bei bis zu -181 Grad Celsius aufweist. Zur Überwindung der Stromunterdrückung an den Korngrenzen setzten die Forscher Zusatzstoffe wie Kalzium ein. Sie vermindern die Spannungen in der Gitterstruktur und erhöhen die Sauerstoffkonzentration. Hochtemperatur-Supraleiter sind zukunftsweisende Materialien für Hochfeld-Elektromagnete in medizinischen Anwendungen wie in der Magnetischen Tomographie, für verlustarme Stromleitungen über große Distanzen, für supraleitende Motoren und Stromgeneratoren mit hohem Wirkungsgrad. Prototypen von elektrischen Leitern werden bereits in der Energietechnik eingesetzt.

Atomare Struktur einer Korngrenze in YBa 2Cu 3O 7: Das Fünfeck markiert eine Versetzung, also eine Zone mit starken Verzerrungen der Atompositionen. Diese sind für die Unterdrückung des supraleitenden Stromes verantwortlich. (Quelle: Uni Göttingen)

An den Forschungsarbeiten zu den Strömen in Hochtemperatur-Supraleitern waren unter anderem Wissenschaftler des Brookhaven National Laboratory und des Oak Ridge National Laboratory (USA) sowie der Universität Tokio (Japan) beteiligt. Zur Göttinger Arbeitsgruppe von Christian Jooß gehörte auch Karsten Guth, der jetzt in der Europäischen Gesellschaft für Leistungshalbleiter mbH (eupec) Entwicklungsarbeiten leitet.

Quelle: idw

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