10.01.2008

Strom aus Wärme

In Form von Nanodrähten zeigt Silizium einen um das 100fache gesteigerten thermoelektrischen Effekt.



In Form von Nanodrähten zeigt Silizium einen um das 100fache gesteigerten thermoelektrischen Effekt.

Pasadena/Berkeley (USA) – Über den thermoelektrischen Effekt kann Wärme direkt in Strom umgewandelt werden. Solche Peltier-Elemente bestehen oft aus dem relativ teuren Verbindungshalbleiter Wismut-Tellurid und erreichen Wirkungsgrade von drei bis acht Prozent. Dass dies aber auch mit preiswerteren Halbleitern möglich sein müsste, haben zwei amerikanische Forschergruppen nun mit dem viel günstigeren Silizium gezeigt. Wie sie in der Zeitschrift „Nature“ berichten, konnte der thermoelektrische Effekt des Halbleiters Silizium in der Form von Nanodrähten etwa um das 100fache gesteigert werden.

„Obwohl Silizium als Festkörper einen spärlichen thermoelektrischen Effekt zeigt, zeigen Areale aus Silizium-Nanodrähten ein viel versprechendes Verhalten“, schreiben Allon I. Hochbaum und seine Kollegen von der University of California in Berkeley. Mit einer galvanischen Ätzmethode stellten sie raue Nanodrähte mit Durchmessern zwischen 20 und 300 Nanometern her. Diese Strukturen zeigten eine deutlich reduzierte Wärmeleitung, wodurch die für die thermoelektrische Stromgewinnung notwendige Temperaturdifferenz entlang der Drähte deutlich erhöht werden konnte. Vergleichbare Ergebnisse erzielte auch die Gruppe um James R. Heath vom California Institute of Technology in Pasadena. Allerdings ordneten sie für ihr thermoelektrisches Modul dünnere und kantige Si-Nanodrähte mit bis zu 20 Nanometer Durchmesser auf einer isolierenden Siliziumdioxid-Unterlage.

Beiden Ansätzen für eine Stromerzeugung aus Wärme basieren auf dem so genannten Seebeck-Effekt. Durch diesen entsteht in einem elektrischen Leiter elektrische Spannung, wenn zwischen zwei auseinander liegenden Kontaktpunkten eine Temperaturdifferenz herrscht. Verantwortlich sind Thermodiffusionsströme von Elektronen. Am wärmeren Ende des Moduls haben die Elektronen eine größere Beweglichkeit als am kalten Ende. Weil sie sich dadurch besser verteilen können, nimmt die Elektronendichte im Vergleich zum kalten Ende ab. Wegen dieser ungleichen Verteilung wird eine elektrische Spannung aufgebaut, die so lange währt, bis die Temperaturdifferenz ausgeglichen ist.

In Festkörper-Strukturen von Silizium wird die essentielle Temperaturdifferenz allzu schnell durch die gute Wärmeleitfähigkeit des Halbleiters ausgeglichen. Daher eignete sich dieses Material bisher kaum für den Aufbau von thermoelektrischen Elementen. Bei Nanodrähten aus dem gleichen Material ändert sich dies aber grundlegend. Der für diese Art der Stromgewinnung wichtige Leistungswert ZT, in den sowohl die Wärmeleitfähigkeit als auch der Seebeck-Koeffizient eingeht, steigt von 0,01 für Festkörpersilizium auf bis zu 1 für Nanodrähte bei –73 Grad Celsius an, bei Raumtemperatur wird immerhin noch 0,4 erreicht. Zum Vergleich, kommerzielle thermoelektrische Module aus Wismuttellurid erreichen Werte zwischen 0,7 und1.

Der Grund für die reduzierte Wärmeleitfähigkeit in Nanodrähten liegt nach Aussage der Wissenschaftler in einer so genannten Phononen-Hemmung. Diese Gitterschwingungen stoßen in einem Nanodraht viel häufiger mit den Ladungsträgern, den Elektronen und Elektronenlöchern, zusammen. Dabei verlieren sie zum einen Energie und hemmen die Ladungsträger in ihrer Bewegung. Dadurch kann ein Wärmeaustausch nicht mehr so gut stattfinden wie mit nahezu frei beweglichen Ladungsträgern in Metallen oder Festkörper-Silizium.

Bis thermoelektrische Elemente aus Silizium angewendet werden, um beispielsweise die Abwärme von Kraftwerken in Strom umzuwandeln, werden sicher noch einige Jahre vergehen. Doch zeigen diese beiden Studien, dass mit Nanostrukturen der thermoelektrische Effekt auch in anderen Materialien gesteigert werden könnte. „Die gezielte Gestaltung der Phonon-Hemmung könnte ein neues Werkzeug werden, um thermoelektrische Materialien zu verbessern“, schreibt Cronin B. Vining in einem begleitenden Kommentar. Und wenn effizientere Werkstoffe vorliegen, könnte die Stromgewinnung aus der Wärme der Sonnenstrahlung sogar eine Alternative zu photovoltaischen Zellen sein.

Jan Oliver Löfken

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