Struktur von Hochentropie-Legierungen
Messung der Röntgenabsorption offenbart atomare Verschiebungen.
Hochentropie-Legierungen aus 3d-Metallen haben faszinierende Eigenschaften, die Anwendungen im Energiesektor in Aussicht stellen. Einige Materialien aus dieser Gruppe können Wasserstoff speichern, andere eignen sich für die edelmetallfreie Elektrokatalyse, als Superkondensatoren oder zur Abschirmung von Strahlung. Ein internationales Team hat nun lokale Verschiebungen auf atomarer Ebene in einer hochentropischen Cantor-Legierung aus Chrom, Mangan, Eisen, Kobalt und Nickel untersucht. Mit spektroskopischen Analysen an Bessy II und statistischen Simulationen konnten sie das Verständnis dieser Materialgruppe deutlich erweitern.
Die mikroskopische Struktur von hochentropischen Legierungen ist sehr vielfältig und veränderbar: Dabei beeinflussen die lokale Anordnung der Elemente und verschiedene Sekundärphasen die makroskopischen Eigenschaften wie Härte, Korrosionsbeständigkeit und auch Magnetismus. Die Cantor-Legierung aus Chrom, Mangan, Eisen, Kobalt und Nickel in einem äquimolaren Verhältnis gilt als geeignetes Modellsystem für die gesamte Klasse dieser Werkstoffe. Forschende der Bundesanstalt für Materialforschung, der Universität von Lettland in Riga, der Ruhr-Universität Bochum und des Helmholtz Zentrums Berlin ZB haben nun die lokale Struktur dieses Modellsystems genauer untersucht. Mit Röntgenabsorptionsspektroskopie an Bessy II kombiniert mit statistischen Berechnungen und der Reverse-Monte-Carlo-Methode konnten sie jedes einzelne Element und dessen Verschiebungen von den idealen Gitterpositionen für dieses System nahezu unverfälscht verfolgen.
Auf diese Weise deckten sie Besonderheiten in der lokalen Umgebung jedes Elements auf: Obwohl alle fünf Elemente der Legierung an den Knotenpunkten des flächenzentrierten kubischen Gitters verteilt sind und sehr enge statistisch gemittelte interatomare Abstände (2,54 – 2,55 Å) zu ihren nächsten Nachbarn haben, zeigten sich größere strukturelle Relaxationen nur bei den Chromatomen. Außerdem fanden sich keine Hinweise auf sekundäre Phasen auf atomarer Ebene.
Die makroskopischen magnetischen Eigenschaften, die mit konventioneller Magnetometrie am HZB CoreLab für Quantenmaterialien untersucht wurden, konnten mit den Informationen über das Element Chrom korreliert werden. „Unsere Ergebnisse beschreiben die Anordnung einzelner Atome sehr präzise und zeigen, wie die komplexe magnetische Ordnung entstehen kann“, erklärt Alevtina Smekhova, die die Experimente am HZB betreut hat.
HZB / JOL