07.12.2006

Surfen auf der Plasmawelle

Französische Physiker stabilisieren einen Laser-Plasma-Elektronenbeschleuniger mit einem kollidierenden Laserpuls.



Französische Physiker stabilisieren einen Laser-Plasma-Elektronenbeschleuniger mit einem kollidierenden Laserpuls.

Palaiseau (Frankreich) – Wie ein Surfer auf der Brandungswelle können Elektronen auf einer Plasmawelle beschleunigt werden. Französische Forscher setzten diese in den 1990er Jahren entwickelte Idee beim Bau eines Laser-Plasma-Elektronenbeschleunigers um. Der Vorteil: Solche Anlagen nehmen deutlich weniger Platz in Anspruch als klassische Beschleuniger in den Forschungszentren der Teilchenphysiker. Wie sie das gravierende Problem der Instabilität dieser Anlagen mit kurzen Laserpulsen lösen konnten, beschreiben sie in der Zeitschrift „Nature“.

„Die Ergebnisse zeigen einen Elektronenstrahl, der stark gebündelt (5 mrad), energetisch regelbar (15 bis 250 Megaelektronenvolt) und stabil ist“, schreiben Jerome Faure und seine Kollegen von der Ecole Polytechnique in Palaiseau. In ihrem Experiment fokussierten die Forscher einen intensiven (3, 4×10 18 Wcm –2, 820 Nanometer) und nur 30 Femtosekunden kurzen Laserpuls auf schnell strömendes Heliumgas. Dabei entstand ein heißes Plasma, bei dem sich die Elektronen von den Atomkernen trennen. Durch nichtlineare Effekte bei der Ausbreitung des Laserpulses bildete sich eine mit Ionen gefüllte Blase, die von einer dichten Wand aus Elektronen umgeben ist. Ab einem Grenzwert kam es zu einer Selbstinjektion der Elektronen bis die Ladungsdichten innerhalb und außerhalb dieser Blase ausgeglichen waren. Bei der kurzen und stark lokalisierten Selbstinjektion entstand ein nahezu monoenergetischer Elektronenstrahl.

Abb.: Die Grafik verdeutlicht, wie die Kollision von zwei kurzen Laserpulsen einen Elektronenstrahl in Richtung des Hauptpulses erzeugt. (Quelle: Agustin Lifschitz, SPL group at Laboratoire d'Optique Appliquee)

Doch dieser Prozess, der bereits 2004 gelang, erwies sich als sehr instabil und gebündelte, monoenergetische Elektronenstrahlen konnten nur in etwa einem Fünftel der Fälle beobachtet werden. Die kontrollierte Zufuhr von weiteren Elektronen bietet sich für eine Stabilisierung an. Faure und Kollegen nutzten dazu einen zweiten, synchronisierten Laserpuls. Der erste Laserpuls erzeugt das zur Beschleunigung notwendige Wellenfeld. Der zweite Puls kollidiert mit dem ersten und löst damit die Injektion der Elektronen aus (Abb.). Analysen der dabei ausgesendeten Elektronen zeigten, dass über 20 Pulse hinweg tatsächlich gebündelte und monoenergetische Elektronenstrahlen erzeugt werden konnten. Im Bild der Wasserwelle entspricht der zweite Laserpuls dem Paddeln des Surfers, mit dem er auf den Wellenkamm gelangt, um die größte Beschleunigung zu erfahren.

Im Vergleich zu klassischen Beschleunigern, die mit Radiowellen Feldstärken von rund 55 Millionen Volt pro Meter erreichen, konnte Jerome Faure Elektronen auf einer Strecke von nur zwei Millimetern auf etwa 200 Elektronvolt beschleunigen. „Mit diesem Ergebnis liegen kompakte Beschleuniger für medizinische und industrielle Anwendungen viel näher, als wir heute denken mögen“, beurteilt Tom Katsouleas von der University of Southern California dieses Experiment.

Schon heute werden Teilchenbeschleuniger für neue bildgebende Verfahren in der Medizin und für die Untersuchung neuer Materialien verwendet. Doch sind die Anlagen viele hundert Meter groß und ihre Baukosten reichen in die Milliarden. Das neue Konzept eines kleinen Plasmabeschleunigers soll dagegen zu günstigeren Anlagen führen, die in einen normalen Laborraum passen.

Jan Oliver Löfken

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