Swinging Dirac
Erste experimentelle Realisierung eines Dirac-Oszillators stellt relativistisches Modell mit Mikrowellen nach.
Der Harmonische Oszillator besitzt eine relativistische Verallgemeinerung, die in Analogie zur Dirac-Gleichung der relativistischen Quantenmechanik auch Dirac-Oszillator heißt. Seit mehr als zwanzig Jahren sind solche Modellsysteme bekannt, doch bislang war der Dirac-Oszillator eher ein Paradigma der mathematischen Physik, da kein physikalisches System bekannt war, dessen Verhalten diesen Gleichungen entspricht. Da der Dirac-Oszillator aber eines der mathematisch exakt lösbaren relativistischen Probleme darstellt, erfreut er sich doch mathematisch-physikalischen Interesses. Vor allem in der Kern- und subnuklearen Physik dient er als Modellsystem, aber auch in der Quantenoptik. Deshalb existieren Vorschläge, ein solches System quantenoptisch umzusetzen.
Abb.: Die kleinen dielektrischen Scheibchen sorgen durch ihre Anordnung für die passende Kopplung im Resonator. (Bild: J. A. Franco-Villafañe, National Autonomous University of Mexico Cuernavaca)
Ein internationales Team von Forschern hat nun jedoch einen anderen Weg gewählt: Ihnen ist es gelungen, einen eindimensionalen Dirac-Oszillator mit Hilfe von Mikrowellen-Strahlung zu realisieren. Hierzu wählten sie eine Anordnung von dünnen dielektrischen Scheibchen, die sich zwischen zwei Metallplatten befanden. Die Zylinder waren etwa fünf Millimeter hoch und hatten einen Radius von vier Millimetern. Ihr Brechungsindex war hoch und lag etwa bei sechs, die Resonanzfrequenz für transversale elektrische Moden bei rund 6,65 Gigahertz. In diesem Frequenzbereich fanden auch die Versuche statt. In einer Reihe angeordnet und mit passenden Abständen sollte das Verhalten der Scheibchen einem Dirac-Oszillator entsprechen.
Das Problem bestand darin, dass die Zylinder einerseits als Resonatoren fungieren, andererseits aber genug Energie zu ihren Nachbarn durchzulassen, um ein Spektrum mit vielen Resonanzfrequenzen zu erzeugen. Um die höheren Kopplungen zwischen den Scheiben gering zu halten, wählten die Forscher deshalb einen Abstand der Leiterplatten von 13 Millimetern, sodass über den Scheiben noch ein gutes Stückchen Luft blieb.
Je nachdem, wie sie die Konfiguration der Zylinder wählten, konnten die Forscher sowohl den Dirac-Oszillator mit als auch ohne Massenterm nachstellen. Die Resonanzspitzen passten sehr gut zu den Theoriewerten, zumindest für die unteren Energieniveaus. Ebenso konnten die Forscher beobachten, dass die Güte der Übereinstimmung bei mehr Resonatoren besser war. Sie testeten deshalb Systeme mit bis zu dreißig Zylindern.
Die prinzipielle Einfachheit des Versuchs erlaubt es, auch andere Dirac-artige Gleichungen experimentell zu realisieren. Eine zweidimensionale Variante des Dirac-Oszillators ist mit dem nun vorgestellten Aufbau aber nicht möglich, da das Verhältnis von Abstand zur Kopplungsstärke für dieses Systems nicht zu den Bedingungen der Gleichung passt. Die Forscher wollen mit ihrem Aufbau jedoch verschiedene Wellenfunktionen sowie die Pulspropagation simulieren.
Dirk Eidemüller
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