22.12.2016

Symmetrie regelt Phasenübergang

Universelles Verhalten am Mott Metall-Isolator-Übergang aufgedeckt.

Ob Wasser zu Eis gefriert, Eisen entmagne­tisiert oder ein Material supra­leitend wird – verant­wortlich ist immer ein Phasen­übergang. Diese unter­schiedlichen Phänomene versuchen Physiker zu verstehen, indem sie nach univer­sellen Eigen­schaften suchen. Forscher der Goethe-Universität und der Tech­nischen Universität Dresden haben nun eine weg­weisende Entdeckung bei einem Mott Metall-Isolator-Über­gang gemacht, der von einem elek­trischen Leiter zum Isolator führt.

Abb.: Elektronen vor dem Hintergrund des Atomgitters: Die gegenseitige Abstoßung der Elektronen sorgt dafür, dass sie engen Kontakt vermeiden. Dies behindert den Elektronenfluss, und das System kann zu einem Isolator werden. (Bild: U. Tutsch)

Nach der Vorher­sage von Sir Nevill Francis Mott im Jahr 1937 kann die gegen­seitige Abstoßung der gleich­namig geladenen Elektronen, die für den Strom­transport verant­wortlich sind, einen Metall-Isolator-Übergang verur­sachen. Doch entgegen der gängigen Lehrbuch­meinung, wonach der Phasen­übergang allein durch die Elektronen bestimmt wird, ist die Wechsel­wirkung der Elektronen mit dem Atom­gitter des Fest­körpers entscheidend.

Der Arbeits­gruppe von Michael Lang vom Physi­kalischen Institut der Goethe-Univer­sität gelang diese Entdeckung mithilfe einer selbst ent­wickelten, weltweit einzig­artigen Technik. Sie ermöglicht es, Längen­änderungen eines Materials bei tiefen Tempera­turen unter variablem äußerem Druck mit extrem hoher Auflösung zu vermessen. So konnte erstmals experi­mentell nach­gewiesen werden, dass neben den Elektronen auch das Atom­gitter an diesem Phasen­übergang maßgeblich beteiligt ist.

„Diese experi­mentelle Ergeb­nisse werden einen Paradigmen­wechsel beim Verständnis eines der zentralen Phänomene aktueller Festkörper­forschung einleiten“, urteilt Lang. Der Mott Metall-Isolator Übergang wird nämlich mit außer­gewöhnlichen Phänomenen wie der Hoch­temperatur­supra­leitung in Kupferoxid-basierten Materia­lien in Verbindung gebracht. Diese bieten ein enormes tech­nisches Potenzial für zukünf­tige Anwen­dungen.

Die theore­tische Analyse der experimen­tellen Befunde beruht auf der Erkenntnis, dass die vielen Teilchen eines Systems in der Nähe eines Phasen­übergangs nicht nur mit ihren unmittel­baren Nachbarn wechsel­wirken, sondern über große Abstände hinweg mit allen Teilchen kommu­nizieren. Dadurch spielen nur noch über­geordnete Aspekte wie die Symmetrie des Systems eine Rolle. Die Identi­fizierung solcher univer­seller Eigen­schaften stellt daher den Schlüssel zum Verständnis von Phasen­übergängen dar. „Die aktuellen Erkennt­nisse eröffnen einen neuen Blick auf den Mott Metall-Isolator Übergang und erlauben eine ver­feinerte theo­retische Model­lierung des Phasen­übergangs“, erklärt Markus Garst vom Institut für Theo­retische Physik der Tech­nischen Univer­sität Dresden.

U Frankfurt / JOL

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