24.08.2010

System mit bis zu sieben Planeten entdeckt

Die größte bisher entdeckte Planetenfamilie ähnelt unserem Sonnensystem.

Die größte bisher entdeckte Planetenfamilie ähnelt unserem Sonnensystem.

Astronomen haben um den sonnenähnlichen Stern HD 10180 ein Planetensystem entdeckt, dass mindestens fünf Planeten enthält. Zusätzlich gibt es gute Anhaltspunkte dafür, dass noch zwei weitere Planeten vorhanden sind. Einer davon wäre der leichteste Planet, den man bislang entdeckt hätte. Betrachtet man die Anzahl der Planeten, wäre das Planetensystem um HD 10180 mit seinen sieben Planeten unserem Sonnensystem mit seinen acht Planeten sehr ähnlich. Die Wissenschaftler haben außerdem Hinweise darauf gefunden, dass die Entfernungen der Planeten einem regelmäßigen Schema folgen, ähnlich wie es in unserem Sonnensystem der Fall ist.

Abb.: Künstlerische Darstellung des Planetensystems um den sonnenähnlichen Stern HD 10180 (Bild: ESO/L. Calçada)

“Was wir entdeckt haben, ist höchstwahrscheinlich das Planetensystem mit den meisten bislang bekannten Planeten”, erläutert Christophe Lovis, der Erstautor des Fachartikels, in dem Entdeckung beschrieben wird. “Dieser bemerkenswerte Fund macht deutlich, dass wir inzwischen in einer neuen Ära der Exoplanetenforschung angekommen sind: Es geht nicht mehr nur um einzelne Planeten, sondern um ganze Planetensysteme, deren Untersuchung viel komplizierter ist. Die Bewegungen der Planeten in dem neu entdeckten System zeigen, dass es komplexe, schwerkraftbedingte Wechselwirkungen gibt und gewähren uns damit einen Einblick darauf, wie sich dieses Planetensystem langfristig entwickeln wird.”

Das Astronomenteam nutzte für seine sechsjährige Studie des sonnenähnlichen Sterns HD 10180 den HARPS-Spektrografen am 3,6m-Teleskop der Europäischen Südsternwarte (ESO) auf La Silla in Chile. HD 10180 befindet sich in einer Entfernung von 127 Lichtjahren im Sternbild Hydrus (die kleine Wasserschlange) am Südhimmel. HARPS ist ein hochpräzises Instrument, und dank seiner sehr stabilen Messwerte der weltweit erfolgreichste Exoplanetenjäger.

Mithilfe von insgesamt 190 einzelnen Messungen konnten die Astronomen die winzigen Bewegungen des Sterns vor und zurück nachweisen, die von den komplexen Anziehungskräften von mindestens fünf Planeten verursacht werden. Die fünf stärksten Signaturen entsprechen Planeten mit Massen zwischen 13 und 25 Erdmassen, also ähnlich der Masse des Neptun. Diese Planeten befinden sich in einer Entfernung zum Stern, die zwischen dem 0,06- und dem 1,4fachen des Abstands Erde-Sonne liegt. Ihre Umlaufszeiten um den Stern betragen zwischen 6 und 600 Tagen.

“Wir haben gute Gründe zu der Annahme, dass zwei weitere Planeten existieren”, ergänzt Lovis. Der eine wäre ein saturnähnlicher Planet, der mindestens 65 Erdmassen hat und 2200 Tage für einen Umlauf um den Stern benötigt. Der andere wäre mit 1,4 Erdmassen der leichteste bislang entdeckte Exoplanet. Er befände sich sehr nah an seinem Mutterstern, sein Abstand zum Stern läge bei nur 2% des Abstands Erde-Sonne. Ein “Jahr” würde daher auf diesem Planeten nur 1,18 Erdentage dauern.

“Dieses Objekt bewirkt bei dem Stern eine Wackelbewegung von gerade mal 3 km/h – langsamer also als ein Fussgänger. Das ist nur sehr schwer nachweisbar”, erklärt Teammitglied Damien Ségransan. Wenn sich seine Entdeckung bestätigt, wäre der Planet ein weiteres Beispiel für einen heißen Gesteinsplaneten ähnlich wie CoRoT-7b.

Das neuentdeckte Planetensystem um HD 10180 ist in mehrerer Hinsicht einzigartig. Zunächst ist es – verglichen mit unserem Sonnensystem – in seinen innersten Bereichen mit seinen mindestens fünf neptunartigen Planeten deutlich dichter bevölkert, und das außerdem mit viel massereicheren Planeten. Hinzu kommt, dass es in dem Planetensystem wahrscheinlich keinen großen Gasriesen wie Jupiter gibt. Alle Planeten scheinen außerdem nahezu kreisförmige Umlaufbahnen zu haben.

Inzwischen kennen die Astronomen fünfzehn Planetensysteme mit mindestens drei Planeten. Als Rekordhalter galt bislang der Stern 55 Cancri mit fünf Planeten, von denen zwei große Gasriesen sind. “Systeme mit leichteren Planeten wie die um HD 10180 scheinen recht häufig vorzukommen, aber wie sie entstehen ist bislang unbekannt”, ergänzt Lovis.

Mithilfe des neu entdeckten Systems um HD 10180, ergänzt um Daten von anderen Exoplanetensystemen, konnten die Astronomen eine Formel ableiten, nach der die Abstände der Planeten von ihrem Stern ein regelmäßiges Schema bilden. In unserem Sonnensystem wird ein solches Muster von der sogenannten Titius-Bodeschen Regel beschrieben. “Das könnte ein Hinweis auf den Entstehungsprozess solcher Planetensysteme sein”, ergänzt Teammitglied Michel Mayor.

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchung dieser Planetensysteme ist, dass es eine Beziehung zwischen der Gesamtmasse des Planetensystems und der Masse und der chemischen Zusammensetzung des Muttersterns gibt. Alle massereichen Planetensysteme befinden sich bei massereichen und metallreichen Sternen, während die vier leichtesten Planetensysteme bei masseärmeren und metallarmen Sternen gefunden wurden. Dieser Fund bestätigt die derzeit gängigen theoretischen Modelle.

Max-Planck-Institut für Astronomie/AL

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