19.12.2018

Tausend Mal schneller als Flash-Speicher

Forscher beobachten schnelles Speicher­material im Neutronen­licht.

Neuartige Phasenwechselmaterialien könnten tausend Mal schneller und dabei erheb­lich lang­lebiger sein als bis­herige Flash-Speicher­chips. Mit­hilfe der Forschungs-Neutronen­quelle der TU München haben deutsche und US-ameri­ka­nische Forscher wich­tige Erkennt­nisse über das viel­ver­sprechende Material gewonnen. Phasen­wechsel­speicher sichern Daten, indem sie den Aggregats­zustand der ein­zelnen Bits zwischen flüssig, glas­artig und kristallin ändern. Ein elektro­magne­tisches Feld, Wärme- oder Licht­impulse schalten zwischen den Phasen hin und her. Die Techno­logie hat das Poten­zial, kosten­günstige, schnelle und hoch­dichte Speicher bereit­zu­stellen.

Abb.: Zachary Evenson am TOFTOF-Flug­zeit­spektro­meter im FRM II. (Bild: S....
Abb.: Zachary Evenson am TOFTOF-Flug­zeit­spektro­meter im FRM II. (Bild: S. Mast, TUM)

Konzerne wie Intel, IBM und Samsung versuchen deshalb, das Prinzip von Phasen­wechsel­speichern seit langem in tech­nisch nutz­bare Produkte umzu­setzen. Es ist immer noch unklar, wie das Material die Aggregats­ände­rungen in so kurzer Zeit bewerk­stelligt und dies auch mit der nötigen Präzi­sion aus­ge­führt werden kann. Jetzt beschreibt das Team von Wissen­schaftlern der Arizona State Univer­sity, der RWTH Aachen, der Univer­sität des Saar­landes und der TU München, wie eine Legie­rung aus Germa­nium, Antimon und Tellur tausend Mal schneller arbeiten könnte als aktuelle Flash-Speicher. Gleich­zeitig soll es sich viel häufiger aus­lesen lassen. Die Forscher fanden, dass sich bei dieser spezi­ellen Mischung die Phasen­ände­rungen schärfer abge­grenzt und repro­du­zier­barer steuern lassen als bei anderen bisher unter­suchten Materi­alien.

Die Wissenschaftler um Shuai Wei von der RWTH Aachen und Zachary Evenson von der TU München unter­suchten die Legie­rung in ihrem glas­artig-flüs­sigen Zustand mit Hilfe der Neutronen­streuung am Heinz-Maier-Leibnitz-Zentrum in Garching. „Die hohe Auf­lösung und der hohe Fluss des Flug­zeit­spektro­meters TOFTOF an der Neutronen­quelle FRM II war not­wendig, um die Bewegung der Teil­chen sehen zu können“, erklärt Evenson.

Die Forscher sind überzeugt, dass beim Mischen von Germanium, Antimon und Tellur in einem spezi­ellen Ver­hältnis sowohl die Dichte­maxima als auch die damit ver­bun­denen Metall-zu-Nicht­metall-Über­gänge unter den Schmelz­punkt gedrückt werden und damit der Über­gang viel schärfer wird als in anderen der­artigen Ver­bin­dungen. Sie zeigen damit sogar, dass eine Gleichung, die Albert Einstein in seiner Doktor­arbeit auf­ge­stellt hatte, für ihr Material nicht gilt: Sie beschreibt die Bewegung von Teil­chen wie eine Kugel, die in einem Honig­glas ver­sinkt. Diese Gleichung wird aber bis­lang auch für die Phasen­wechsel­speicher ange­nommen. „Unsere Ergeb­nisse beweisen, dass diese Gleichung bei Tempe­ra­turen ober­halb des Schmelz­punktes nicht mehr gilt“, so die Forscher.

Oberhalb des Phasenübergangs hat die Flüssigkeit eine hohe Visko­sität, die Kristal­lisa­tion ist sehr schnell. Unter­halb hin­gegen erstarrt die Flüssig­keit schnell und behält den schlecht leitenden, amorphen Zustand bei. In „nano­sko­pischen Bits“ bleibt dieser Zustand praktisch unbe­grenzt erhalten. Erst ein gezielter, kurzer Wärme­impuls lässt die Tempe­ratur lokal schnell ansteigen, so dass das Bit inner­halb von Nano­sekunden in den leitenden Zustand über­geht. Dieser ent­spricht einem Bit in der Stellung „1“. Ein längerer Puls, beispiels­weise eines Infra­rot­lasers, gefolgt von einer schnellen Abküh­lung, führt wieder in den schlecht leitenden Zustand, der Position „0“.

TUM / RK

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