02.10.2014

Temperatursturz über Titans Südpol

Wolke aus Cyanwasserstoff wirft Klimamodelle für den Saturnmond über den Haufen.

Im August 2009 endete auf der südlichen Hemisphäre von Titan der Sommer. Seither ändert sich das Klima auf dem Saturnmond rasant – aber nicht immer so, wie es die Klimamodelle der Forscher vorhersagen. Das zeigen Beobachtungen mit der amerikanischen Raumsonde Cassini, über die jetzt ein internationales Forscherteam um Remco de Kok von der Sternwarte Leiden berichtet. Demnach ist es in einer Höhe von 300 Kilometern über dem Südpol von Titan 100 Kelvin kälter als erwartet. Die Wissenschaftler folgern daraus, dass die Abkühlung über dem winterlichen Pol des Himmelskörpers sehr viel effektiver ist als bislang angenommen.

Abb.: Die von der Raumsonde Cassini gelieferte Infrarotaufnahme zeigt die Wolke aus Cyanwasserstoff-Eis über dem Südpol des Saturnmonds Titan. (Bild: NASA / de Kok et al. / NPG)

Im Mai 2012 zeigte sich auf Bildern des Imaging Science Subsystems ISS von Cassini erstmals eine ausgedehnte Wolke in einer Höhe von 300 Kilometern über dem dunklen Südpol Titans. Seither ist die Struktur auf allen Aufnahmen im sichtbaren und infraroten Bereich deutlich zu erkennen. Für die Forscher war das Auftauchen der Wolke eine Überraschung: Zur Wolkenbildung muss die Temperatur so weit absinken, dass die kondensierenden Bestandteile der Atmosphäre die Sättigungsgrenze überschreiten. Deshalb treten Wolken auf Titan bevorzugt nahe der Tropopause und in der unteren Stratosphäre auf, wo die Temperaturen am niedrigsten sind.

Doch in der Region und der Höhe der südpolaren Wolke hatten die Instrumente von Cassini vor 2012 ein Maximum der Temperatur angezeigt. Bei den gemessenen Temperaturen wäre eine Kondensation aller bekannten Spurengase in Titans Atmosphäre ausgeschlossen. Um der Ursache der Wolke auf die Spur zu kommen, analysierten de Kok und seine Kollegen Infrarotspektren, die das „Visual and infrared Mapping Spectrometer" VIMS von Cassini geliefert hatte. Die Forscher stießen auf zwei Bänder im Bereich der Wolke, die im wolkenfreien Bereich nicht vorhanden waren. Das Team identifizierte Cyanwasserstoff-Eis als Ursache für diese reflektierte Strahlung.

Ein einfaches Modell der Streuung in einer optisch dünnen Wolke lieferte einen Durchmesser von 0,6 bis 1,2 Mikrometer für die Eispartikel. Es ist der erste eindeutige Beweis für die Existenz von Cyanwasserstoff-Eis in der Atmosphäre Titans. Allerdings wirft die Entdeckung ein Problem auf: HCN-Eis kann sich erst unterhalb einer Temperatur von 125 Kelvin bilden. Für die betreffende Region hatten die Forscher aber eine Temperatur erwartet, die etwa 100 Kelvin höher liegt. Die bisherigen Modelle für die globale Zirkulation in der Atmosphäre liefern ein durch adiabatische Erwärmung erzeugtes Maximum der Temperatur in einer Höhe von 300 Kilometern. Gegenspieler der adiabatischen Erwärmung sind radiative Kühlungsprozesse – die offenbar erheblich effektiver sind, als bislang vermutet. Als mögliche Ursache dafür sehen de Kok und seine Kollegen eine jahreszeitlich bedingte Zunahme der Konzentration von Spurengasen über dem Südpol. Diese Gase emittieren stark im Infrarotbereich und können so signifikant zum beobachteten Kälteeinbruch beitragen.

Rainer Kayser

PH

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