03.12.2013

Thermoelektrisches Abwärme-Recycling

Halb-Heusler-Verbindungen sind jetzt auf dem Weg zur Industriereife.

Mehr als zwei Drittel der weltweit eingesetzten Primärenergien wie Öl oder Gas gehen heute als Abwärme verloren. Mit thermoelektrischen Modulen ließe sich ein Teil davon bei Kraftwerken, Industrie- oder Heizungsanlagen sowie Autos nutzen. Integriert in die Abgasanlage eines Pkw beispielsweise könnten die Module Strom erzeugen und damit die Lichtmaschine des Fahrzeugs entlasten. „Angesichts immer schärferer Umweltregeln der EU ist das auch für die Autohersteller kein uninteressanter Aspekt“, so Kilian Bartholomé vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik in Freiburg.

Abb.: Die einzelnen Bausteine thermoelektrischer Module sind nur wenige Millimeter groß. Sie werden aus bestimmten Metalllegierungen – zum Beispiel Halb-Heusler-Verbindungen – herausgesägt. (Bild: Fh.-IPM)

Doch es fehlt an effizienten Herstellungsverfahren und geeigneten Materialien. Dem IPM ist dabei jetzt ein großer Entwicklungsschritt gelungen. Die Forscher fanden einen Weg, Halb-Heusler-Verbindungen – ein für thermoelektrische Prozesse sehr gut geeignetes Material – wesentlich effizienter und kostengünstiger herzustellen als bisher möglich. Im Projekt Thermoheusler arbeiteten sie mit der Robert Bosch GmbH, der Universität Mainz, der Vacuumschmelze in Hanau und der Isabellenhütte in Dillenburg zusammen.

„Halb-Heusler-Verbindungen eignen sich besonders gut für die thermoelektrische Anwendung. Sie erfüllen – fast – alle dafür notwendigen Kriterien“, erläutert Projektleiter Benjamin Balke von der Uni Mainz, Experte für die Materialentwicklung. „Die Metalllegierungen bestehen aus weit verbreiteten Rohstoffen, zum Beispiel Nickel, sind wesentlich umweltverträglicher als bisher eingesetzte Materialien, verfügen über gute thermoelektrische Eigenschaften und halten hohe Temperaturen aus.“

Die thermoelektrische Güte messen Ingenieure mit dem ZT-Wert. Von der Industrie gefordert werden Werte größer eins. Im Projekt Thermoheusler haben die Partner jetzt einen Wert von 1,2 erreicht. „Das entspricht den besten bisher veröffentlichten Werten für Halb-Heusler-Verbindungen“, sagt Bartholomé. Entscheidend für die industrielle Anwendung ist es, die im Labor erreichten Effizienzwerte auch in der Massenproduktion zu erreichen. Der Vacuumschmelze und der Isabellenhütte ist es erstmals gelungen, dieses sehr effiziente Halb-Heusler-Material im Kilogrammmaßstab herzustellen. Die dabei synthetisierten Legierungen haben eine lange Tradition: Der deutsche Bergbauingenieur, Chemiker und Namensgeber Friedrich Heusler war einst Leiter der Isabellenhütte.

Bis zu 600 Watt elektrische Leistung konnten Prototypen bereits aus der Abwärme am Abgasstrang eines Pkw erzeugen. „In Deutschland waren zu Jahresbeginn fast sechzig Millionen Fahrzeuge registriert. Wären diese alle mit den kleinen thermoelektrischen Kraftwerken an der Abgasanlage ausgerüstet, ließe sich theoretisch schon heute Energie in einer Größenordnung einsparen, wie sie ein Kernkraftwerk jährlich produziert. Das entspricht in etwa einer Ersparnis von mehreren Millionen Tonnen Kohlendioxid“, so Bartholomé.

Fh.-IPM / DE

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